Es dauert kein ganzes Monat, bis sich ein Morgentermin auswärts ungewohnt anfühlt. 110 Jahre Aida, das ist sehr rosarot und ziemlich süß, besonders als die Cremeschnitten serviert werden. Hoffnungsfroh fragen fremde Kolleg*innen am Tisch und ich, ob wir eine teilen können, doch die Kellnerin erklärt freundlich resolut „Sie schaffen das!“ und stellt drei Teller hin. Wir schaffen das tatsächlich, während wir Interessantes über die Familien- und Firmengeschichte erfahren, aber davon wird demnächst anderswo zu lesen sein. Danach wird es etwas hektisch, wie immer, wenn das Fernsehen auch dabei ist. Zeit an die Arbeit zu gehen, denke ich, und habe wie üblich vergessen, dass Termine ja auch zur Arbeit zählen.
Ein Stück des Weges gehe ich zu Fuß, keine Lust, in den Untergrund zu steigen, und sehe so seit längerem wieder einmal die Kärntnerstraße. Immerhin ist sie sonnig, das ist ja nach dem Dauerregen auch wieder einmal schön. Bei der Nordsee nehme ich noch ein paar Krabben mit, erstaunlich, wie unterschiedlich das Angebot hier im Vergleich zu anderen Nordsee-Filialen ist. Der Preis erstaunt mich dann auch.
„Going, going, gone“ spricht ein älterer, silberlanghaariger Mann im Vorbeigehen in sein Telefon, und ich frage mich, ob er wohl jemandem erzählt, dass Robbie Robertson gestorben ist. Das hatte mich gestern Nacht vor dem Einschlafen noch erreicht, seltsam schwer. Vielleicht liegt es daran, dass er auf Facebook und Twitter aktiv war, das erzeugt doch in gewissem Sinn Nähe. Man könnte natürlich viel Musik hier linken, „The Night They Drove Old Dixie Down“ zum Beispiel, den Song hatte ich lange für einen Folksong gehalten. Oder das eine oder andere von der Band, besonders aus Last Waltz. Oder…
Aber der Song, der mir zu Robbie Robertson immer als erstes einfällt, ist eben Going, going, gone – meine erste musikalische Begegnung mit einer sprechenden Gitarre.
Rest des tages arbeitsam, ohne besondere Vorkommnisse.
Das Bier des Tages
Das Coldfinger Cold IPA von Nextlevel Brewing beglückt in der Nase mit sommerlich kräftig zitrigem Hopfen, dahinter ein Hauch Stärke. Auf der Zunge dagegen kaum Zitrus, dafür ein Wechselspiel aus Malz und Bitter, dabei recht weich, ohne zu süß zu werden. Der Hopfen wird im Abgang dichter und lässt Zufriedenheit zurück. Beim Weiterkosten entwickelt sich ein rundes, in sich sehr stimmiges Aroma.
Zu trinken in einem Mittelmeerhafen auf einer Bank, ein Stündchen bevor die Sonne untergeht, während man nebenbei die An- und Ablegemanöver kommentiert wie die Opas in der Muppet-Show.
Die Abendgestaltung ist derzeit schwierig; an schwedischen Krimis habe ich mich sattgehört, im Fernsehen herrscht Sommerflaute, und mir fehlt irgendwie die Geduld, mich in neue Serien hineinzufühlen. Ohne den richtigen Hintergrund macht auch das Stricken weniger Spaß. Lesen zur Abwechslung? – Aber da fehlt auch irgendwie etwas, nämlich die Stricknadeln. Es ist kompliziert.