13. März 2022

Nordwind im Süden

Insgesamt recht gut geschlafen, bei den Stationen ab und zu aufgewacht, zufrieden den Lichtern draußen beim vorbeihuschen zugesehen. Dazwischen seltsame Zugträume. Zuerst träume ich, dass mir der Nachbar mit der Schlagbohrmaschine von zu Hause in den Zug gefolgt ist und aus reiner Bosheit sinnlos herumschlagbohrt. Bin besorgt, dass er unseren Waggon vom Rest des Zuges abtrennt, wenn er so weitermacht. Das Geräusch entpuppt sich im Aufwachen als Schnarchen aus dem Nachbarabteil.

Später bin ich auf einem Berg, wo mir ein sehr fescher Mensch eine alte Burganlage zeigt, in der er sich häuslich eingerichtet hat. Ich flirte ein bisschen dahin, dann erscheinen 2 Mädels, die mir unbedingt einreden wollen, dass wir gemeinsam den Berg hinunter müssen, damit ich nachher nicht alleine runter muss. Während ich versuche, ihnen klarzumachen, dass ich mich nicht fürchte, klopft mich der Schaffner wach. 40 Minuten bis Bologna, sagt er.
Es werden 1h 40 Minuten. Was einerseits eh recht angenehm ist, weil ich in Bologna nicht so lange warten muss, andererseits hätte er mich dann auch noch eine Stunde schlafen lassen können. Kann ja nicht so schwer sein, das besser zu timen, mit GPS und Intrakommunikation.

Der Kaffee ist recht OK, bei allem angebotenen Frühstücksluxus gibt es aber kein einfaches Joghurt, ich muss ein Fruchtjoghurt essen. Das Wasser in der Dusche bleibt kalt, ich halte mich daher kurz.

Dann endlich Bologna.

Hier gleich ein Anblick mit poetisch-künstlerischem Wert.

Una Hotel, una camera illuminata.

Mir erschließt sich nicht ganz, warum ich jetzt eineinhalb Stunden auf den gebuchten Zug warten soll, wenn in einer halben Stunde auch einer geht. Kurz entschlossen nehme ich den früheren. Draußen schon ein Morgenrötchen, das gab es bei der letzten Fahrt erst nach Ankunft (aber die war ja auch im Jänner. 2020.)

Womöglich hätte man es besser einfangen können, ich konnte es um diese Uhrzeit nicht. Mir gefällt, dass auf den Displays im italienischen Zug gleich auch die Wetterinfos mitgeliefert werden.

Dann kommt der Schaffner und will 30 Euro von mir, weil ich im falschen Zug sitze. Wir sprechen sehr höflich miteinander, er italienisch und ich deutsch, das Ticket zwischen uns, wichtige Informationen darauf werden mit Zeigefingern unterstrichen. Am Ende einigen wir uns auf zehn Euro, immer noch ausgesprochen höflich. Note to self: Nie wieder was mit Zugbindung buchen, außer halt den Schlafwagen, da geht’s nicht anders.

In Rimini ist alles anders: Weder Gepäckaufbewahrung noch das luxuriöse Bahnhofshäusl haben die letzten zwei Jahre überlebt. Gut, dann halt keinen Ankunfts-Cappuccino. Stattdessen nehme ich den Bus, um den Koffer schon mal im Hotel zu deponieren. Was Google Maps für meine Unterkunft hält, irritiert mich dann doch etwas.

Zum Glück finde ich ein paar Schritte weiter das wahre Ziel.

Dann mit dem Bus wieder in die andere Richtung. Das vohergesagte Schlechtwetter ist bislang noch nicht eingetreten.

Ich erreiche die Sigep ziemlich genau zur Öffnung und lasse erst den grünen Pass scannen, dann das nicht vorhandene Fieber messen, schließlich muss ich noch durch einen Metallscanner-Rahmen. Wozu der gut ist, bleibt unklar, den Taschen und Rucksäcke werden ohne Kontrolle nebenan durchgereicht.

Die Messe selbst ist kleiner und weniger gut besucht als vor zwei Jahren, dennoch bleibt genug zu tun. Läuft gut, nur ein bekannter Kaffeehersteller erklärt mir, man würde „wegen des Kriegs in der Ukraine heuer keine Pressegespräche führen“. Da die Dame etwas schwaches Englisch spricht, denke ich an ein Missverständnis, doch sie findet einen Mitarbeiter mit hervorragendem Englisch, der genau dasselbe sagt. Der Zusammenhang bleibt unklar, der Kaffeehersteller unfotografiert. Es sind genug andere da.

Der Tag, so lang er auch ist, ist schneller weg als erwartet. Ich breche ein Stündchen vor Messeschluss auf, der Rest der Aufgaben lässt sich morgen kompakt erledigen. Eindrücke im Vorüberfahren lassen erahnen, dass es hier noch viel zu entdecken gäbe, würde man sich die Zeit dafür nehmen.

Nach dem Einchecken im Hotel eigentlich fest entschlossen, gleich pflichtbewusst die ersten Eindrücke von Eis und Kaffee online zu bringen, aber siehe da: „jemand“ hat das Kamerakabel vergessen, und mit dem Handy habe ich auf der Messe nicht fotografiert. Diese doppelte Nachlässigkeit bringt mir die Zeit für ein paar sonnige (aber kalte) Schritte am Meer.

Danach auf der Jagd nach Abendjause gescheitert, immerhin erjage ich genug Mineralwasser für zwei Tage und ein Bier. Für weitere Ausflüge bin ich deutlich zu müde, ich buche wenig hoffnungsfroh ein Abendessen im Hotel. Die Zeit bis dahin verkürze ich mir mit dem Bier am Balkon „mit Meerblick“. Hab ich mir aber auch verdient.

Nach einem Stündchen Füße-Hoch geht es ans Abendessen. Es ist, was soll man sagen? – es ist zumindest teilweise hübsch serviert.

Auf dem Tisch steht stilles Mineralwasser. Ich bestelle ein prickelndes, man schüttelt bedauernd den Kopf. Die Dame des Hauses winkt hoffnungsfroh mit der Weinkarte, doch den gäbe es nur flaschenweise, und aus dem Alter bin ich raus. Zur Feier des Tages ein zweites Bier vielleicht? Ich hätte die Wahl zwischen Becks und Heineken. Das lasse ich und leide lieber, still wie das Wasser, das ich weiterhin trinke.

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