18. Dezember 2015

Kekserln

Als ich heute beim Aufräumen ein Glas Erdnussbutter fand, war mir sofort klar: Ich muss Erdnusskekse backen. Dass sich das Glas als seit drei Jahren abgelaufen erwies und beim Reinriechen eine alles überdeckende ranzige Note hatte, hielt mich nicht ab. Ich warf es weg und rückte aus, um frischere Erdnussbutter zu besorgen. Unterwegs fiel mir ein, dass da ja auch noch ein Glas Mandelmus in meinem Regal stand. Alles klar: Mandelkekse und Erdnusskekse.

Wohlversehen mit frischen Zutaten wäre ich beinahe am Internet gescheitert. Nicht, dass es keine Rezepte gäbe – ganz im Gegenteil, es gibt hunderte davon. Wenn nicht tausende. Wie soll ein Mensch, der noch nie Erdnusskekse gebacken hat, sich da entscheiden? Natürlich lässt sich der Grundteig anhand der Zutaten ganz gut beurteilen, aber wieviel Erdnussbutter macht einen Keks zum Erdnusskeks? Crunchy oder glatt? (Ich hatte vorsichtshalber beides gekauft). Mit Schokolade oder ohne?

Ich beschloss, dass Erdnüsse Schokolade brauchen. Oder noch besser Kakao, dann wird es nicht zu süß. Und entschied mich nach längerem Stöbern für dieses Rezept. Die Sache mit den Mandeln war einfacher. Eigentlich hätte ich gedacht, im Kindheitsrezept der Mandelplätzchen einfach einen Teil der Butter mit Mandelmus zu ersetzen, aber ich war auf der Suche nach dem ultimativen Erdnusskeks über diese Variante gestolpert, die ich sofort überzeugend fand. Zudem brauchte ich nur die angegebene Erdnussbutter durch das Mandelmus zu ersetzen. Auf ging’s!

Das Herumpantschen an Keksteigen ist ja ein ganz anderes als das an Kuchenteigen, und so brauchte ich ein bisschen Mut und Erinnerungsvermögen, um die leicht bröselige Konsistenz beider Kandidaten zu akzeptieren. Bei der Erdnussvariante rutschte mir der Kakao aus, statt 25 Gramm wurden es etwa 40. Aber Kakao schadet nie, dachte ich. Für den Konsistenz-Ausgleich gönnte ich dem Teig ein Löffelchen Rum (die großmütterliche Backkompetenz,fügte jedem Kuchen- oder Keksrezept ein Löffelchen Rum bei, und irgendwas muss die Frau ja auch gewusst haben), dem Mandelteig ein ebenso zartes Löffelchen Amaretto. Während der ansonsten intensive Rumgeschmack im Erdnussteig geradezu verschwand, erhob der Amaretto die Mandel-Variante von „Äh…?“ zu „Aaaah!“. (Ich bin nicht die einzige, die rohen Teig kostet, um das Endprodukt zu imaginieren, oder?)

Danach wickelte ich beide Kandidaten in Frischhaltefolie und versenkte sie für eine halbe Stunde in den Kühlschrank. Stand zwar nur bei einem dabei, aber so haben wir es früher immer gemacht. Schaden tut’s nicht. Schließlich feuerte ich den Ofen an, bestrich Backbleche mit Margarine und mehlte sie aus (die Sache mit dem Backpapier war mir nie ganz geheuer) und holte zuerst das Erdnusskeksteigbällchen (ist das nicht ein schönes Wort?) aus dem Kühlschrank.

Dass ich die Crunchy Peanut-Butter gewählt habe, sieht man hier ganz gut.

Vermutlich habe ich kleinere Plätchen geformt als vorgesehen, denn die angegebenen 15 Minuten Backzeit waren deutlich zu lang. Es kam mir auch komisch vor, aber ich beschloss, mich auf das Rezept zu verlassen anstatt auf meinen Instinkt – mit diesem Resultat:

Geschmack: Kohle. Bei der zweiten Runde vertraute ich auf mein Bauchgefühl und wurde mit akzeptablen Kekschen belohnt.

Nach der Abkühlphase war ich dennoch ein bisschen enttäuscht. Trotz des relativ hohen Erdnussbutteranteils kommt die Erdnuss nur heraus, wenn man auf den Crunchy Teil beisst. Und die Bitterschokoladennote des Kakaos kommt auch nicht richtig durch, obwohl ich wie gesagt deutlich mehr drin hatte als vorgesehen. Keine schlechten Kekse, aber aus Rezeptanalyse und Rohteiggeschmack hätte ich mir noch etwas mehr erwartet.

Egal, mutig weiter zur Mandel. Der Teig war trotz Kühlschrankruhe richtig bröselig, und ich deshalb sehr skeptisch. Das Rollen und schneiden, wie im Rezept vorgesehen, ließ mich fürchten, dass am Ende des Backens keine ganzen Kekse herauskommen würden. Ich disponierte um, und da ich grade richtig gut im Bällchen-Rollen war, rollte ich auch aus dem Mandelteig Bällchen, die leicht flachgedrückt aufs Blech wanderten. Die Handwärme gab ein bisschen mehr Zusammenhalt.

Ich war immer noch skeptisch, als das Blech ins Rohr wanderte. Sehr skeptisch. Aber dann…

So muss Keks! Und, wie ich an einem beim Abheben zerbröselten Exemplar feststellte, das Zeug schmeckt auch noch! Köstlichst!

Da lagen sie nun, die Resultate meiner Abendgestaltung, und harrten ihrer Dekoration.

Die dunklen Erdnusskekserln brauchten Schokolade, das war klar. Eine schön glatte Kuvertüre braucht aber Fett, und ich mag den Fettgeschmack in der Schokoladeglasur nicht. Stattdessen fügte ich der bewährten Manner-Schoko im Schmelztopf ein paar Zeilen der Zotter–Whiskyschokolade hinzu – nicht ohne die Sorgen des ungeübten Konditors: Wird sie überhaupt schmelzen? Und wenn sie schmilzt, wird sie jemals wieder fest werden?

Um es kurz zu machen, sie schmolz. Und wurde auch wieder fest. Und wie man das Ganze glatt und ansehnlich kriegt, überleg ich mir ein anderes Mal, weil – schmecken tut’s, unterm Strich, mehr als akzeptabel.

Die Mandel-Variante stellte mich vor andere Probleme. Ich hatte vorher an eine Glasur aus weißer Schokolade gedacht, mit einer ganzen Mandel obendrauf, doch der wunderbar differenzierte Mandelkeksgeschmack wäre unter einer Schokoglasur, wie weiß auch immer, völlig zusammengebrochen, das war klar. Ich wollte aber trotzdem eine Mandel obendrauf, verdammt!

Immer noch verzückt von der Aromavielfalt erinnerte ich mich meiner alleresten Erlebnisse am Herd. „Kriegszuckerln“ hatte meine Großmutter es genannt. Zucker, langsam in einer Pfanne geschmolzen, gerade flüssig, kaum braun. Immens empfindlich. Der klassische gesponnene Zucker aus der Pfanne wird ja mit etwas Wasser gemacht, da hat man etwas Spielraum. Der Zucker ohne Wasser geschmolzen verwandelt sich innerhalb von etwa 30 Sekunden von durchsichtig-flüssig über karamelisiert braun zu unegnießbar. Aber wenn man ihn richtig erwischt, klebt er gut. Zum Beispiel eine Mandel an einen Keks.

(Der weiße Strich ist ein Zuckerfaden)

Genau so. Ich schmolz zweimal eine Pfanne Zucker und  verbrannte mir drei Fingerspitzen beim Positionieren der Mandeln und dann noch die Zunge, weil ich trotz aller Warnungen an mich selbst – „Nur nicht den Löffel ablecken!“ – irgendwann doch den Löffel ableckte.  Wurscht, das Resultat wars defintiv wert.

Hier noch ein zweites Mandel-Zucker-Foto, weil es mich einfach richtig froh macht.

So. Und jetzt brauch ich dringend noch ein paar Gläser Mandelmus, weil von diesen Keksen muss ich unbedingt noch ein paar Kilo backen.

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