Alles ganz normal, ein Film & ein Nicht-Theater

12. Mai 2020

In der Früh schaut es so aus, als würde ich heute nach langem doch wieder einmal die Straßenbahn nehmen. Es ist nämlich kalt, arschkalt, um genau zu sein, und das Arbeitspensum des Tages erlaubt theoretisch auch keine ausgedehnten Spaziergänge. Aber als ich mich dann auf den Weg mache, blinzelt mir eine verwirrte Sonne entgegen, und irgendwie bin ich auch noch nicht ganz bereit, auf das Vergnügen zu verzichten, das mir der Heimweg per Pedes doch immer wieder bereitet, auch wenn unbekannte Gasserln mittlerweile rar werden. Zudem hat die neu eingekaufte Personenwaage gestern vermeldet, dass da dringend etwas geschehen muss mit dem Gewicht, und auch dafür ist ein Fußmarsch natürlich geeignet. Trotz eisigen Windes und fehlender Neuanblicke kann man sich an den Entwicklungen der Natur freuen.

Und manchmal braucht es gar keine neue Gasse, man muss nur die Straßenseite wechseln, um etwas nie Gesehenes zu sehen.

Andererseits dann immer wieder Anblicke zum Nachdenken; ich bin mir wirklich nicht sicher, ob diese Werbung eher motivierend oder eher demotivierend bei mir ankommt.

Bei Meidling Hauptstraße doch schnell in die U-Bahn gehüpft, durchs Wiental pfeift ein furchtbar eisiger Wind. Im Silberwurm herrscht einmütig braves, bemasktes Abstandhalten. Gut so.

Drei Stationen lang Zeit, über den gestrigen Film nachzudenken. Terminator – Dark Fate hat mir für ein Action-Spektakel recht gut gefallen, Special Effects vom Feinsten, Arnie wie immer, die jungen Heldinnen ungewohnt aber eh leiwand, ich hoffe nur, der Mit-Schauer kann mir die Aviation-Geekness verzeihen: „So funktioniert das mit einem Flugzeug nicht!“ – rein physikalisch würde allerdings noch viel mehr aus diesem Plot nicht funktionieren, aber bei Flugzeugen bin ich halt empfindlich. Was aus meiner Sicht hingegen großartig funktioniert, ist Sarah Connor. Allein schon die Freude, eine reife Frau statt immer nur glattgebügelte junge Mädchen in einer Hauptrolle zu sehen. Und dann noch die wunderbar kantige Art, wie Linda Hamilton die Sache anlegt: Das ist nichts mit Liebe und (außer einem blöden Moment) nix mit Hass, sondern es ist ein resignierter, fast wienerisch anmutender Grant, der ihren Handlungen zugrunde liegt, mit einem rauchigen Unterton von: „Irgendjemand muss den Scheiß ja machen.“ – Wieso der Streifen eine eher schlechte Nachrede hat, ist allerdings auch nicht schwer zu erraten – das durchschnittliche Terminator-Publikum hat halt so seine liebe Not mit starken Frauen, die sich bis zum Schluss keinem Mann an die Heldenbrust werfen.

Daheim dann brav gearbeitet, vielleicht nicht ganz so brav wie erhofft, aber doch deutlich braver als befürchtet.

Nachmittags kommt ein Päckchen, dank an die ungenannt bleiben wollende Spenderin. Der Atlas der ungewöhnlichsten Orte ist beste anti-touristische Reiseinspiration. Um mich nicht allzusehr vom Bravsein ablenken zu lassen, erlaube ich mir genau ein zufälliges Aufschlagen und lande in Varosia (Varosha) auf Zypern. Geistig sofort eine ausgedehnte Fototour dort geplant.

Abends dann etwas zu spät gekommen zur #vorstellungsänderung auf Twitter. Dieses kollektive Nicht-Theaterstück, nicht im Akademietheater, war ein wunderbares Vergnügen zwischen Literatur, Klamauk und Absurdistan. Erinnerungen an die Superspace-Parties und an die Villa Mare wurden wach. Ganz verloren ist dieses Internet ja vielleicht doch noch nicht.

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