9. Mai 2020

Halb verschlampter Samstag

Hatte schon fast vergessen, wie das ist, nach diesem einen Bier zuviel am Vortag gemütlich verwirrt aufzuwachen. Gar nix saufen macht zwar effektiv, ist auf Dauer aber auch keine Lösung. „Ich bin verliebt in Alle!“ verkündet der Mann neben mir, noch bevor er richtig wach ist, kann aber diesen vielversprechenden Satz dann nach dem Erwachen leider nicht zu einer Geschichte machen.

Im Innenhof ist mittlerweile das Blühen einem Grünen gewichen. Als ich rauchend auf meinem blechernen Bankerl sitze, verwechselt mich eine Nachbarin mit dem Sohn eines anderen Nachbarn, was mich zu einem kritischen Spiegelblick bewegt. Ich schau aber immer noch nicht männlicher aus als gestern.

Den Heimweg widme ich wieder dem Geschichtenbasteln im Kopf. Zwar führt mich ein kleiner baustellenbedingter Umweg in lange nicht betretene Gegenden, doch außer dem blühenden Röschen (oben) lenkt kein Anblick von der wachsenden Geschichte ab. Das ist, für mich,  ein kritischer Zeitpunkt: Beginne ich zu früh mit dem Schreiben, verläuft die Geschichte im Sand – aber bleibt sie zu lang im Kopf, lohnt es sich nicht mehr, sie auch noch niederzuschreiben.

Vorher fest entschlossen, mich sofort nach der Heimkehr dem längst fälligen Küchenputz zu widmen, bremst mich allseitige Kommunikation aus. Zwei willkommene und ein langweiliges Telefongespräch, dazu noch eins, das ich tatsächlich freiwillig beginne. In die Küche komme ich erst gegen fünf, und dann stellt sich schnell heraus, dass keine Mistsäcke mehr da sind. Also nochmal schnell raus, mit meiner Maske, die ich mit viel Begeisterung entworfen habe, die aber jetzt, mit den ganzen Staatsverschwörungsidioten ringsum, nicht mehr ganz so lustig ist, wie ich vorher dachte. Egal, die anderen sind in der Wäsche.

Dann eine Weile vor mich hin geputzt, immer wieder lustig, wie lange ich mich davor drücke, obwohl ich dann jedesmal feststelle, dass es gar nicht so schlimm ist.

Drei Mal etwas fliegen gesehen aus dem Augenwinkel, drei Mal „Oh Gott, eine Motte!“ gedacht, aber zwei Mal waren es nur weiße Flauschsamen, die vom Baum draußen hereingeweht kamen. Beim dritten Mal war es aber tatsächlich eine, die ich punktgenau erlegte. War dann froh, mit den Mistsäcken vorsichtshalber gleich auch Antimottenzeux gekauft zu haben.

Der PC zickt jetzt so häufig, dass er nicht einmal mehr zum Musikhören taugt. Morgen mal wieder checken, ob mein neues Wunschmotherboard endlich wieder lieferbar ist. Die Laptoplautsprecher sind nämlich viel zu höhenlastig, da macht Musikhören auch keinen Spass.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Previous Story

Schleichende Arbeitsverweigerung

Next Story

Alles ganz normal, ein Film & ein Nicht-Theater