10. August 2018

Der heißeste Tag

Nach dem Ventilator-Unglück von gestern musste natürlich ein neuer her. Es wunderte mich nicht, dass in allen umliegenden Baumärkten und Elektrogeschäften nur bedauerndes Schulterzucken vorrätig war. Fast schon hätte ich mich damit abgefunden, in den restlichen Tropennächten des Jahres keinen Schlaf mehr zu finden, da lachte mich am Eck eine ganze Reihe von Ventilatoren an. Es war die Straßen-Auslage eines Allround-Grafflgeschäfts, das verzweifelte Stadtbewohner wie mich mit heroischen Importen aus der Türkei vor stickiger stehender Luft bewahrte. „Heute reingekommen“ sagte der Geschäftsmann und freute sich über meine erleichterte Begeisterung.

Ich zahlte 29,90, 2 Jahre Garantie, und schleppte das relativ schwere Packl heim. Auf den vielleicht 300 Metern redeten mich tatsächlich 4 Leute mit begehrlichen Blicken darauf an, wo man denn jetzt noch so ein möglicherweise lebensrettendes Gerät kaufen könnte. Ich wies allen den Weg.

Ich stellte das Ding in der Wohnung ab, nahm noch eine dringend benötigte kalte Dusche und fuhr… ausgerechnet am angeblich heißesten Tag des Jahres nicht zu meinem verlässlich kühlschattigen Stammbaum, sondern zu meinem Lieblingskünstler, um Ideen für den Herbst zu wälzen. Das Pläuschchen auf der Terrasse, das üblicherweise der Studioarbeit vorangeht, fiel heute kurz aus: Selbst unter dem Sonnenschirm drückte die Hitze wie eine physische Masse auf Körper und Gemüt.

Ich war ausnahmsweise ganz dankbar für klimatisierte Züge, auch wenn die Temperatur abends auf gemütliche 30 Grad abkühlte.

Die Wohnung hatte allerdings 33 Grad. Wieder war eine kalte Dusche fällig, ohne die ich der intellektuellen Herausforderung des Ventilator-Zusammenbaus nicht gewachsen gewesen wäre. Das Dinge hatte mehr Schrauben als eine durchschnittliche IKEA-Küche, und die notdürftig übersetzte Gebrauchsanweisung war wenig hilfreich.

Schließlich stand aber da, in voller Pracht, und ein Druck auf die Stufe eins brachte nicht nur schlagartig angenehme Luftbewegung, sondern auch die Erkenntnis, dass er ein viel angenehmeres Geräusch macht als mein bisheriger Luftquirl. Stufe zwei hob das Tischtuch am zwei Meter entfernt stehenden Tisch bedenklich an. An Stufe drei traute ich mich vorerst nicht heran, zum Schluss hebt das Ding noch samt meiner Wohnung ab.

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