Nicht gut geschlafen, zerfahren, zerfleddert. Seltsame Träume, jemand will ein Stück von meiner Leber kaufen, er bietet ein Auge dafür. Schlechter Tausch für ihn, bei Licht betrachtet. Später im Auto durch zerstörte Landschaften gefahren, keine Menschenseele in Sicht, im Radio nur Rauschen.
Morgens dieser eine Moment, der einzige Grund, warum ich Alexa noch nicht vor die Tür gesetzt habe. Im Aufwachen, ohne jede Bewegung, ohne die Augen zu öffnen, ohne einen ganzen Satz bilden zu müssen, frage ich: „Alexa, wie spät“? – „Es ist sieben Uhr fünfundfünfzig“ sagt Alexa milde, und ich kann, noch immer bewegungslos, entscheiden, ob es Zeit zum Aufstehen ist oder noch nicht. Alexa wünscht noch einen schönen Tag.
Er wirkt äußerlich nicht so schlecht, dieser Tag. Der Schnee ist weg, die Aufgaben sind klar und gut organisiert, das Bio-Frühstück aus der gestrigen Lieferung würde jedem Gesicht aus der Fernsehwerbung ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Mir runzelt sich trotz allem die Stirn. Je näher ich diesem Tag trete, umso unwilliger werde ich allem und jedem gegenüber. Dieser Mistwinter, dieser Scheiß-Lockdown, dieses seltsame Zwischenleben.
Ich räume hier ein bisschen, putze dort ein wenig, beantworte ein paar Emails. Beschließe mittags, einen Stricknachmittag einzulegen, die Voraussetzungen sind ideal.
Nur das Unterhaltungsprogramm dazu will mir nicht gefallen. Das Radio nervt, das Hörbuch nervt, das Fernsehprogramm nervt am meisten. Leben nervt.
Am mittleren Nachmittag plötzlich Hunger auf einen fetten, ungesunden Massenproduktionsburger. Ewig her, dass ich so etwas hatte, ewig her, dass ich so etwas wollte.
Auf dem Weg zum Bahnhof wirkt die Welt nicht zu unfreundlich (Plusgrade!), und ich entdecke einen künstlerischen Hauseingang, an dem ich sicher hunderte Male vorbeigegangen bin, ohne ihn zu bemerken. Wie frisch hingebaut schaut er jedenfalls nicht aus.
Burger und ein paar fettige Pommes erjagt und festgestellt, dass das Zeug seit dem letzten Mal um nichts besser geworden ist. Immerhin ein angenehmer Ort zum Verzehr. Mitten auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof, weit weg und doch in Sichtweite von Menschen, die in alle Richtungen streben, während die Dunkelheit langsam einfällt. In großem Bogen nach Hause zurückgekehrt, um auf 10000 Schritte zu kommen.
Die Laune will nicht besser werden, wechsle zwischen Arbeit (weil’s eh wurscht ist) und Strickzeug, dazwischen mehrere kleine fledderige „Wie geht’s dir“-Telefonate, und weil ich daneben weiter stricke, verzähle ich mich und muss dann auch noch einen Strick-Fehler korrigieren.
Vielleicht rettet dann ein akustisches Mitternachtssönnchen doch noch ein Eckerl von diesem Tag, oder vielleicht war auch das warme Ohr nur ein schlafloser Traum.