#79

22. September 2001
Sillian – Skyvan/3800m – Solo
Öffnung: 1025 | Freifall: 58s
avg: 198km/h | max: 212km/h

Der Tag zeigt sich unfreundlich, weiße Nebel- und Wolkenfetzen hängen bis fast ins Tal herunter und es verwundert kaum, dass von der Pink bis gegen Mittag nichts zu hören ist.

Wir machen einen Abstecher nach Italien, einkaufen und essen, und dann einen in die andere Richtung, nach Lienz, ein bisschen Kultur. Auf der Rückfahrt stellen wir fest, dass die Wolkenschicht dünner geworden ist, eine zaghafte Sonne blickt ab und zu durch, und die tiefsten Ausläufer haben sich ein Stück nach oben zurückgezogen.

Also auf zum Flugfeld, und dort ist es zwar kühl, und die Luft ist feucht, aber von oben kommt mehr Licht als den ganzen Tag. Was also liegt näher, als Ingas Aufruf zu folgen und die letzte Load des Tages mitzubefüllen.

Die Stimmung im Flieger ist sehr entspannt, und wie so oft auf diesen Flügen haben wir nichtspringende Passagiere, die die Aussicht auf den billigen (?) Plätzen genießen. Davor Wolf mit einem Passagier, und eine große und eine kleine Gruppe, und ein Schüler, und ein paar harmlose Freiflieger.

Einer will, ganz alleine, auf die Tessenberger Alm springen, und so drehen wir eine ausführliche Runde über dem Gelände, damit er sich das anschauen kann. Das grünbraune, leicht hügelige Almgelände mit den kleinen Seen darin, mehr schwarz als blau, hat einen ganz eigenen Reiz. Und wenn mein Schirm nicht so klein und schnell und die Luft nicht so hoch und dünn wäre, dann…

Schon sind wir oben und der einsame Kämpfer springt über der Alm, Wuzi gibt das Go-Around-Zeichen, und eine Runde später sind wir über der gewohnten Ausstiegsstelle.

Ich lasse ordentlich Abstand zum Vordermann und mich dann gemählich vornüberkippen. Bin ein bisschen Muskelkatergeschlagen von den letzten Tagen und habe kein großes Programm vor, nur fliegen und schauen. Interessant die Dunstschicht, die, wenn man direkt nach unten schaut, durchaus Bodensicht zuläßt (ich liege gut, fast direkt über dem Flugfeld), je größer aber der Blickwinkel wird, gegen den Horizont zu, immer dichter erscheint.

Heute liegt die weiße Decke hoch, und mein langsam-fauler Erstkreis zeigt keine einzige Gipfelspitze, die daraus hervorsticht. Ich kann mich nicht sattsehen an dem goldenen Licht, aber schon bin ich darunter, und von unten sieht die Schichte zwischen den Tälern dunkel und unfreundlich aus, obwohl ich über mir blauen Himmel sehen kann. Ich konzentriere mich darauf, meine Geschwindigkeit zu erhöhen, und das gelingt mir auch ganz gut; wenn die Haut am Hals zu flattern anfängt, dann muss ich schnell sein… und kalt wirds… saukalt.

Aber es ist einer von jenen Sprüngen, die so schön sind, weil man gar nichts will und nur aus dem Flugzeug hinaus und ins Leben hineinkippt, schauen und fallen und gar nichts sonst.

Und viel zu früh fiept es im Ohr, und ich drehe mich noch zurecht, um in die richtige Richtung zu öffnen, greife zum Hilfsschirm und erwarte halb, das Gefühl aus dem Traum von letzter Nacht wieder zu erleben, nämlich: …nichts…

… aber da ist er ja, rot und ganz und gut gepackt und richtig gelegen, und alle anderen sind weit weg, und ich bin hoch genug und werde ein klein bisschen übermütig, fliege die erste wirklich heftige Bergabspirale mit meinem Luftferrari, und das fühlt sich gut an, ein bisschen wie auf der Achterbahn… dann rechtzeitig raus aus der Drehung und noch einen langsamen, sanften Kreis in die andere Richtung, schon bin ich im Landeanflug und zuversichtlich…

… aber meine linke Hand ist heute stärker als die rechte, und es gelingt mir nicht, die sanften Landungen von gestern zu wiederholen, stattdessen drehe ich mich hautschrappend in den Boden und versaue mir die dritte Hose diese Woche und kriege ein bisschen Dreck auf mein neues Gear, no…

… soll nix schlimmeres passieren!

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