Rabenvieh

10. Oktober 2002

Es ist ein Rabe, der sich in meine Wohnung verirrt hat und jetzt gefangen werden muss, bevor er die Fenster oder sonstwas demoliert. Ich werfe eine Decke über ihn und ich versuche, ihn damit zu packen. Er wehrt sich heftig. Endlich habe ich ihn samt der Decke.

Während ich mit dem Raben in der Decke nach draußen laufe, befreit er seinen Schnabel und hackt auf meine Arme ein. Das ist ziemlich schmerzhaft, und ich bin froh, als ich endlich auf der Straße stehe und ihn fliegen lassen kann.

Die Straße ist weit und hell, die Häuser machen einen kubanischen Eindruck. Aus dem Nebenhaus kommt eine alte Frau, sie jammert: “Ein Rabe. Ein Rabe. Das bedeutet nichts Gutes. Die Raben haben immer nur den Tod gebracht.”

Ich widerspreche ihr heftig. Sage, dass der Rabe ein Zeichen für Reichtum und Wohlstand ist. Sie kichert böse, kommt unangenehm nahe an mich heran und flüstert: “Reichtum. Wohlstand. Das ist das allerschlimmste, was dir passieren kann.” Dann geht sie in ihr Haus zurück.

Der Rabe sitzt auf einem alten Strommasten und spricht. Leider kann ich ihn nicht verstehen. Ich schaue auf die Schnabelwunden auf meinem Arm, die im Zeitraffer heilen und ein wunderschönes Muster zurücklassen.

Jetzt habe ich etwas Besonderes, denke ich im Traum, schöner als ein Tatoo. Der Rabe krächzt und fliegt weg. Ich gehe die sonnige, leere Straße entlang, bis ich wach werde.

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