Mondflüge

30. Juli 2007

Deine Hände, mein Liebes, gib mir deine Hände. Hast noch zu tun? Ja, gut. Verzeih, ich bin nicht ganz klar heute. Das liegt am Mond, diesem runden weißen Verbrecher. Und an dem Piloten, der gleichzeitig Bürgermeister ist, obwohl er von Propellern deutlich mehr versteht als von Kohlköpfen. Natürlich kann man die Kohlköpfe nicht 6 Wochen vor der Zeit ernten, Unwetter hin oder her. Ist doch klar, muss man doch niemandem erklären. Außer dem Bürgermeister, der besser fliegen kann als ackern.

Die Unwetter sollen schlimm werden, hat es geheißen. Und der Bürgermeister wollte die Ernte retten, in großen Transportern sollte sie ausgeflogen werden. Aber natürlich kann man einen unreifen Kohlkopf so wenig verkaufen wie einen weggeschwommenen. Ist doch logisch. Muss man doch niemandem erklären. Außer dem Bürgermeister, der… na, du weißt ja.

Siehst du, da hinten sind schon die Wolken. Alles wird wegschwimmen, hat es geheißen. Wir könnten einen von den Fliegern nehmen, die braucht ja jetzt keiner mehr. Bisschen groß für uns beide, so eine Hercules, aber was soll’s. Du kannst doch sowas auch fliegen, nicht? Na also.

Ich? Ich nicht, obwohl, heute vielleicht schon. So unwirklich, wie die Welt ist. Warum? Ach so, deine… Verzeih, das vergesse ich oft, so lebendig wie du bist. Komm egal, sag mir einfach, was ich tun soll. Wir müssen weg hier, und die Straßen sind zu. Sei meine Fernbedienung, dann klappt das schon. Wie, nicht erlaubt? Hier geht’s ums Überleben. OK, du kannst deine Füße nicht bewegen, aber du kannst mir doch sagen, was ich mit den Pedalen machen soll? Kannst du doch? Und das Steuer ist sowieso deins.

Na eben. Es geht doch. Siehst du, es geht! Wir fliegen… Schön!

Da unten, schau, der Bürgermeister… hält immer noch seine Reden. Dabei hat es schon angefangen zu regnen. Ich wünschte, wir könnten etwas tun. Können wir etwas tun?

Jetzt sag doch was. Irgendwas.

Nichts, ne? Dacht ich mir. Dann können wir wirklich nur sehen, dass wir von hier wegkommen. Ja. Ja, ich weiß, dass du den Heldentod sterben wolltest. Ist aber nicht, jetzt. Denk nicht weiter drüber nach; die Chance hast du jeden Tag. Ehrlich. Mit oder ohne Kohlköpfe. Stimmt doch?

Eben.

Was meinst du, wohin? Dorthin, wo es nicht regnen wird, ist doch klar. Oder?

Schlechtes Gewissen, mhm. Ich versteh dich ja irgendwie. Aber dann auch wieder nicht. Ich meine, es ist ja nicht so, dass wir es nicht versucht hätten – aber sie wollten einfach nicht hören. Ist doch so. Wir haben mit unserem Wissen nicht hinterm Berg gehalten, nur hören wollte es keiner. Was sollt ich denn machen? Die unkonventionellen Gedanken mit Gewalt in die Sturschädeln prügeln? Das ist nicht meine Art, echt nicht.

Jaja, ich pass schon auf. Ich seh den Traffic. Hej, ist das ein Kohlkopf auf dem Flügel? Haha… Der Bürgermeister. Endlich auch auf der Flucht. Na, ich geh mal ein bisschen höher, damit er keine Turbulence abkriegt. Er hat sich ja auch bemüht.

…mach dir keine Sorgen, mein Liebes. Der Treibstoff reicht noch ein paar hundert Kilometer. Ja, ganz bestimmt. Du darfst ja müde sein, schlaf nur, wenn du willst, schlaf ruhig. Ich finde uns schon ein trockenes Plätzchen zum Landen. Und morgen sehen wir nach den Kohlköpfen. ja?

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