Öffnung: 1100 | Freifall: 55s
avg: 196km/h | max: 216km/h
Schon vor dem ersten Kaffee höre ich in unserem Quartier das wohlvertraute Dröhnen des Pinkstarts. Ein Blick aus dem Fenster offenbart den Anblick, auf den ich schon tagelang warte, nämlich die Pink direkt über der dunklen Trutzburg, Griff zur Kamera – aber die Kassette ist aus… so ein Mist…
Gut, dann nichts wie in die Klamotten und auf zum Flugfeld. Weiß nicht, wieso immer alle so seltsam schauen, wenn ich um halb 12 „Guten Morgen“ sage…
Wuzi und Wolf und Inga sind gestern auch angekommen, und auch sonst hat sich der Platz gefüllt, daran wird wohl der zweite Sonnentag in Reihe schuld sein. Gut so, dann gibt’s mehr Loads.
Zuversichtlicher als gestern werfe ich mir die vielen Kilos auf den Rücken und schlendere zum Flieger, der hier ganz allein und sehr malerisch in der Gegend steht, umschwärmt von lokalen Interessierten und Touristen. Der Landeanflug mit der heutigen Windrichtung führt im übrigen direkt über die Hauptstraße des Tals, und kurz frage ich mich, was ich denn denken würde, wenn ich als nichtsahnender Tourist um die Ecke biege, und nicht allzu weit über mir röhrt ein rosarotes Blechmonster heran… Eigentlich verwunderlich, dass es da keine Auffahrunfälle gibt.
Im Flieger ist es lustig; Wuzi und Wolf trainieren für ihre AFF-Jumpmaster-Ausbildung, und Björn spielt den Schüler. Die Dänen sitzen konzentriert mit geschlossenen Augen und üben noch im Steigflug die geplanten Figuren. Selber bin ich recht entspannt und werfe den einen oder anderen Blick aus dem Fenster.
Ohne zitternde Knie ist der Augenblick der Türöffnung ein richtiger Glücksmoment. Die Relativgruppe läßt sich Zeit mit zurechtstellen, aber das Tal ist lang genug, und keiner brüllt. Dann zerren Wolf und Wuzi ihren widerstrebenden „Schüler“ zur Tür, ein paar Einzelne noch, ich bin die Letzte und genieße das, indem ich mich mit Anlauf aus der Türe werfe und nach dem Überschlag wieder einmal die Pink wegkippen sehe wie einen Falken auf Mäusesuche.
Keine Anstrengung so früh am Tag, nur ordentlich durchstrecken und damit die Durchschnittsgeschwindigkeit in die Höhe treiben und dabei schauen, schauen, schauen. Die Gegend ist natürlich die gleiche geblieben, aber wie immer nach ein paar Sprüngen sehe ich viel mehr, nehme viel ruhiger wahr und sehe außer schneebedeckten Gipfeln auch noch die Alm, auf der heute Abend gelandet werden soll, sehe einen Paragleiter auf der anderen Talseite, sehe die ersten bunten Schirme weit unten und bekomme endlich wieder ein Gefühl für die Höhe, weiß wo ich bin, bevor ich auf den Höhenmesser schaue, und es stimmt.
Und ich habe Vertrauen in meinen Schirm und in mich und nähere mich wieder der normalen Öffnungshöhe an, wäre ja auch schade um die paar zusätzlichen Sekunden…
… und trotz der Schnellpackung gestern abend schlüpft der Stoff ohne Murren und ohne Drehung aus der Tasche, und ich habe genug Platz und genug Zeit, um nach ein paar weiten, entspannten Kreisen den perfekten Landeplatz zu wählen und zu treffen, und zwar perfekt mit den Zehenspitzen.