Zwischen Brooklyn und Innsbruck

Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen geht es Richtung Tirol. Der Zug ist diesmal viel voller. Zu voll, um den Laptop auszupacken und zu arbeiten wie eigentlich geplant. Stattdessen ohne schlechtes Gewissen am Phon-Kindle gelesen.

A Tree Grows In Brooklyn, in meine Leseliste gewandert über diesen New-Yorker-Artikel, ist eines der (für mich) rar gewordenen Bücher, in die man komplett eintauchen kann. Diese Kindheit in den bitterarmen Einwanderervierteln Brooklyns Anfang des 20. Jahrhunderts, in präziser Beobachtung ohne Anklage oder Schuld, ist mit präzisen kleinen und großen Beobachtungen durchsetzt, sodass der Text zum Film wird.

Der abends triste Bahnhof in Innsbruck passt zu dem Gefühl, die ganz Stadt eigentlich, vielleicht nur weil es in die Randviertel geht anstatt in die tourismusglänzende Mitte. Zunehmend fällt mir auf, dass günstige Übernachtungsmöglichkeiten häufig Mini-Apartments sind anstatt „richtiger“ Hotels. Das soll mir recht sein, auch wenn ich diesmal weder Küche noch Kühlschrank brauche. Dass den Fernsehern immer häufiger die öffentlich-rechtlichen fehlen, ist weniger erfreulich.

Auch hier wieder ein Balkon, der in der Beschreibung gar nicht aufschien. Aber nicht nur von dort, sondern auch vom Bett aus heute ein großartiger Sternenhimmel, der Große Wagen, das einzige Sternbild, das ich mit freiem Auge erkenne, mittig rechts, knapp über dem Horizont drei sehr helle Sterne nah aneinander, die ich so noch nie beobachtet habe.

Am nächsten Morgen zeigt sich im Park ein Peace-Zeichen, auf einem der umliegenden Balkone schüttelt ein Mann psychedelisch bedrucktes Bettzeug aus, erst die Decken, dann die Polster. Die Vögel zwitschern wild trotz der Kälte. Das Wetter nicht ganz so strahlend wie beim letzten Mal

Beide Termine interessant und sympathisch, dazwischen eine kurze Zugfahrt mit dem neuen doppelstöckigen Railjet und eine nicht ganz so kurze mit der Zillertalbahn.

Ich freue mich auf die Heimfahrt und weiß schon vorher, dass die Arbeit zugunsten von Lektüre ausfallen wird. Wegen Unpässlichkeit des eigentlich geplanten Railjets noch mit der Regionalbahn nach Wörgl getuckert, im Westen tragen die REX innen und außen Berge.

Trotz überschweren Rucksacks ein Wartezeitüberbrückender Spaziergang in Wörgl, das ein erstaunlich buntes, lebendiges Städtchen ist (bislang hatte ich zu Wörgl nur unfaire Namenswitzassoziationen).

Dann also der Railjet. Das Buch reicht noch bis knapp nach Linz. Danach im Speisewagen ein kleines Bier getrunken, weil: Warum nicht?

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