Wundern über die Technik, während der Fussball vorbeiläuft

Als heute am späteren Nachmittag das drei-Handy-Netz ausfiel, fand ich das zwar lästig, aber nicht wirklich tragisch. Technik kann immer mal ausfallen, und wer aus Aufregung über so etwas einen Herzinfarkt kriegt, der hat ihn irgendwie auch verdient. Ich regte mich also nicht auf, musste und wollte aber trotzdem telefonieren – Alternativen waren gefragt. Festnetz ist längst abgemeldet, aber natürlich hab ich Skype. Allerdings kein Mikro, ich verwende Skype sonst nur als Chat. Mein Blick fiel aufs Bluetooth-Headset, und mein Hirn erinnerte den USB-Bluetooth-Adapter, den ich vor ein paar Tagen beim Hofer gesehen hatte. Die Uhr meinte, dass sich das gerade noch ausgehen könnte, und tatsächlich gelang es mir, den Mini-Blaustrahler drei Minuten vor Ladenschluss zu erwerben.

Die Ein-Blatt-Anleitung behauptete, für Vista wären keine Treiber notwendig, und tatsächlich: Windows erkannte das Ding und zeigte gleich darauf freundlich ein kleines Bluetooth-Symbol im Taskbereich an. Dann brauch ich ja nur noch koppeln, oder? Hier lauerte die erste Hürde: Die Anleitung des Kopfhörers war längst irgendwo in der großen Ablage verschwunden, und ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, wie man das Gerät in den Erkennungsmodus versetzt.

Drei Google-Minuten später fand ich die Lösung in einer Amazon-Rezension. Wunderbar. Die passenden Knöpfchen in richtiger Reihenfolge lange genug gedrückt, und schon tauchte das Headset in der Liste der Bluetooth-Geräte auf. Na dann wollen wir doch mal… auf “Verbinden” klicken.

Wohlwollend betrachtete ich die Sanduhr, die sich unter dem Wort “Verbinde…” drehte. Sie drehte schon etwas lang für meinen Geschmack, aber einen alten Computer soll man ja nicht hetzen. Schließlich poppte ein unerwartetes Fenster auf. Windows wollte einen Treiber für mein Headset. Jahimmel, wo soll ich den denn hernehmen? Im Headset-Schachterl war seinerzeit nur das Gerät und das Mini-Anleitungs-Heft gewesen. Ich schickte Windows auf eigenen Vorschlag auf die Suche im Netz. Es suchte. Es suchte lange. Es fand nicht.

Ich suchte selber im Netz, sowohl mit der Headset-Bezeichnung von der Schachtel als auch mit der aus dem Bluetooth-Fenster. Ich fand auch nicht.

Also nochmals die Google-Maschine angeworfen und nach anderen mit meinem Problem gesucht. Nach drei Versuchen mit zunehmend engeren Suchwörtern lauthals alle SEOs verflucht. Ich will das verdammte Headset NICHT kaufen, ich hab’s ja schon! Und ich will verdammt nochmal auch NICHT wissen, wo ich es eventuell noch billiger gekriegt hätte, als es eh schon war!

Mittlerweile war es drei Minuten vor sieben, und ich hatte die erste Halbzeit des Portugal-Spiels verpasst. Den Schreien der Nachbarn nach zu urteilen dürfte es spannend gewesen sein. Ich startete mein Telefon neu, in der Hoffnung, das Netz-Problem wäre mittlerweile behoben. War es nicht. Ich startete Skype, aber wer will schon chatten, wenn Fussball läuft.

Im Fenster daneben problemlöste ich weiter. Nach unzähligen mehr oder weniger gut maskierten Verkaufs- und Bewertungsseiten fand ich ein niederländisches Forum, in dem jemand dasselbe Problem gehabt hatte. Die meistvorgeschlagene Lösung (drei Mal) war die Software “Bluesoleil”. Ich folgte einem Link zur Webseite und wurde von der Meldung empfangen, dass die Seite gerade überarbeitet wird, und dass sie in 1 (einem, nicht drei!) Tagen wieder verfügbar wäre. Wunderbar, wunderbar, wunderbar. Das großartige Internet fand aber aber ein paar alternative Downoadseiten. Ich klopfte drei Mal auf Holz und lud.

Twitter erzählte mir derweil, dass die Portugiesen drei Tore geschossen und damit gewonnen hatten. Ich seufzte leise und installierte die Software. Oder versuchte es zumindest. Das blöde Ding wollte aber unterwegs unbedingt nach Hause telefonieren, und der Server war ja bekanntlich… im Upgrade begriffen.

Es ging jetzt gegen acht Uhr. Wieder einmal startete ich mein Telefon neu, wer weiß, ob so ein Galaxy-Tab mitbekommt, dass das Drei-Netz wieder da ist?

Es war aber nicht da.

Mittlerweile war es ohnehin zu spät für die Anrufe, die ich noch hätte machen w/sollen, und ich hätte es auch lassen können. Wenn ich gekonnt hätte. Aber, ein lächerliches Headphone unter dem lächerlichen Vista zum Laufen zu bringen, das muss ja wohl machbar sein! 2012! Und überhaupt!

Auf Seite Hundertdrei der Suchresultate erzählte einer, dass er dasselbe Headset mit demselben Adapter mithilfe eines Toshiba-Treibers zum Laufen gebracht hatte. Derweil die Deutschen in Kharkiv ankickten war ich verzweifelt genug, auch diesen Treiber runterzuladen. Tatsächlich ließ er sich installieren, übernahm problemlos die Bluetooth-Kontrolle von Windows und erkannte mein Headset. Ich konnte sogar den Ton in den Kopfhörern – HÖREN! Ein Wunder war geschehen!

Die Freude war allerdings von kurzer Dauer – denn von einem Mikro wusste mein Computer immer noch nichts. Und der Ton kehrte, trotz ausgeschaltetem Headset und erweiterten Einstellungen, einfach nicht auf die Lautsprecher zurück.

Ich fluchte drei Mal kräftig und dankte dem Schicksal für Wiederherstellungspunkte. Es dauerte auch nur ein Viertelstündchen, bis mein PC sich wieder auf dem Stand von heute früh befand. Dass ich derweil schon eine halbe Stunde vom Deutschlandspiel mehr verpasst als gesehen hatte… meine Güte. Fussball gespielt wird schließlich immer wieder, und der Livestream ruckelt heute eh mehr als dass er läuft.

Nach dem Hochfahren kam ich auf die glorreiche Idee, den Bluetooth-Adapter mit der mitgelieferten CD zu installieren. Obwohl der Adapter ja eh lief. Und obwohl das Installieren externer Treiber unter Vista im Beipackzettel ausdrücklich NICHT nicht empfohlen wird. Aber, nach drei (vier?) Stunden unfreiwilliger Isolation pfeift man halt auf Empfehlungen.

Ich startete den Installer, stellte fest, dass es sich um das früher ohnehin schon empfohlene Bluesoleil handelte, und war übergangslos vergnügt zuversichtlich. Verfrüht. Der Installer installierte drei Minuten lang ohne Fortschritt des Installationsbalkens fröhlich vor sich hin, nur um sich dann mit einem “Fehler 5” (nicht drei) zu verabschieden.

Deutschland schoss unterdessen zwei (nicht drei) Tore, und ganz Twitter brüllte “GOMEEEEEZ!”. Ich warf den einen oder anderen zerstreuten Blick auf den Livestream, während ich “Fehler 5” googelte und mein Tab wieder einmal neu startete – vergeblich. Fehler 5, erfuhr ich, nachdem ich ungefähr 33 Seiten angeklickt hatte, die mir Optimierungssoftware für meinen PC verkaufen wollten, Fehler 5 weist auf unzureichende Rechte hin. Ich startete den Installationsprozess “als Administrator”, und tatsächlich – das Ding installierte, und sogar der Balken bewegte sich.

Circa drei Millimeter vor dem Ende des Balkens bremste sich der Fortschritt ein, um noch ungefähr drei Minuten lang den Anschein von Geschäftigkeit zu erwecken. Dann gab die Software auf und meldete einen “Fehler 183”. Der war, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, im Internet schnell entlarvt: Die 32-Bit-Version mag halt nicht auf einem 64-Bit-System arbeiten. Aber – alle Links zu einer 64-Bit-Version führten auf die Webseite von Bluesoleil, die – wie gesagt – nur eine freundliche Meldung zu einem Serverupgrade ausgab.

Und das war der Punkt, wo mir wirklich nichts mehr einfiel.

Mittlerweile war das Spiel abgepfiffen, die Deutschen hatten wieder einmal gewonnen, und mein Phon war nach über sechs (=zwei Mal drei) Stunden immer noch tot. Skype dagegen war zwar lebendig, aber ohne Mikro auch recht nutzlos. Ich schickte noch ein paar Skype-SMSe in die Welt, um mich für den Abend abzumelden, als – Gepriesen sei’s dem großen Dingsda! Al-Hamdullih-Siewissenschon! Heureka!  – mein Phon ein Geräusch von sich gab, das nur von einem lebenden, verbundenen Phon kommen konnte.

Um 23:35. Sechs Stunden und 45 Minuten nachdem sich das Netz grußlos verabschiedet hatte. 6 Stunden und 45 Minuten, in denen es mir nicht gelungen war, ein lächerliches Standard-Bluetooth-Headphone über einen lächerlichen Standard-Bluetooth-Adapter mit einem lächerlichen Standard-Windows-Vista-PC zu verbinden.

Vielleicht wär die Sache mit der Brieftauben-Zucht ja doch keine so blöde Geschäftsidee.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert