5. Juli 2005

Weltbewegendes Wochenende ohne mich

Was will man denn seinen Kindern erzählen, wo man gewesen ist, als das größte Musikspektakel aller Zeiten über die weltweiten Bühnen ging?

fragt die TAZ schulterzuckend, während das “weltbewegende” Live 8 verbal zurecht unter den Teppich der Geschichte gekehrt wird.

Nun habe ich zwar keine Kinder und gedenke auch nicht, noch welche in die Welt zu setzen, möchte aber trotzdem nicht versäumen, zu erwähnen, dass ich während des “größten Musikspektakels aller Zeiten” herrlich zeitlos auf dem Fürstenfelder Flugplatz sass und mit Fallschirmspringern, Seglern und sonstigen Kapitänen bei einem spektakulären Sonnenuntergang über das Sein über und unter den Wolken und über sonst noch so manches plauderte, aber ganz bestimmt nicht über Bob Geldorf und sein geschrägtes Geltungsbedürfnis.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass das Leihkind (das mit seinen 13 Jahren fortan als Jugendlicher zu bezeichnen sein wird, wie der Sufi nicht müde wurde zu betonen), ebenfalls völlig ungerührt von den globalen Tönen, damit beschäftigt war, den Handy-Rekord im Breakout zu brechen.

Unbehelligt von uns (wie wir von ihm) tönte das Spektakel weiter, als wir auf der Suche nach einer abendmahlgeeigneten Buschenschank keine solchige fanden, sondern stattdessen in der tiefsten Kegelbahn der ganzen Umgegend wunderbare Koteletts und Bratwürste mampften. Anschließend wurde ich von Sufi und Ober-Fuzzo (von dem mich am meisten wundert, dass er gegen diesen Kosenamen keinen Einspruch erhebt) in die Geheimnisse des Bauernschnapsens eingeweiht.

Das Spiel erschien mir allerdings deutlich komplizierter als zu meinen Vorschul-Kinderzeiten, als meine Mutter es mir beibrachte und ich jedes Spiel gewann (vermutlich, weil sie das so eingerichtet hat), sodass ich die zwei Zocker ohne mich weiterspielen ließ und (zweiter Kindheits-Flashback) stattdessen auf die – man glaubt es kaum – wunderbare altmodische Kegelbahn aus gestampfter Erde mit Holz-Mittellauf schaute. Die Kegel sowie die Kugeln waren natürlich auch aus Holz – und wenn der Kegler den einen oder anderen Holz-Kegel umgestoßen hatte, schoß aus der vergitterten Seitentür ein kleiner Bub, um die Kegel wieder aufzustellen und die Kugel in den (natürlich!) hölzernen Rücklauf zu werfen.

Genau auf diese Art habe ich mir vor guten 30 Jahren mein allererstes Taschengeld verdient. Ich war sehr gerührt und hätte mich durchaus noch weiter rühren lassen, aber die Herren hatten genug geschnapst und plädierten auf Heimfahrt. Also fuhren wir durch die grillendurchzirpte Nacht, mit EoC und Funny van Dannen im CD-Player, zurück in unsere gemütliche Ferienwohnung, die uns dann dank des mittlerweile obligatorischen Sat-TVs, doch noch in das Mega-Konzert einludt.

Das darf man sich so vorstellen: Der Sufi las (auf dem Bett liegend) eine Zeitschrift, ich las (am Balkon sitzend) meinen Krimi, während der Bub (ist das jugendlich genug?) sich gewünscht hatte, noch ein bisschen zappen zu dürfen. Auf jedem zweiten angezappten Kanal war irgendeine Bühne mit irgendwelchen Leuten zu sehen. “Ist das Pink Floyd?” fragte der Sufi anläßlich eines besonders rückkoppeligen Gitarrentons, ohne aufzusehen. “Das ist doch nicht Pink Floyd”, antwortete ich nach einem Blick auf den Schirm. Ein paar Zapper weiter lauerten tatsächlich Pink Floyd, was mich allerdings auch nicht vom Zähneputzen abhalten konnte.

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