Talk to me, aber wie?

Als ich gestern über mehrere Stunden mit mehreren Leuten in Echtzeitkontakt war, bin ich in einen richtigen Kommunikationsstress verfallen. Zugegeben, das passiert bei mir öfter, auch offline, aber online steigert sichs noch. Mit unendlich vielen Kommunikations-Apps klingelt es mal da, dann piepst es dort, und kaum hat man in einer App geantwortet, hat man in der anderen schon wieder was übersehen.

Die Mehrzahl meiner Kontakte verteilt sich auf Messenger und Whatsapp. Einige verwenden die Apps abwechselnd, andere schwören auf die eine und verteufeln die andere (wo doch beide Facebook gehören). Abwechselnd finde ich persönlich aber besonders blöd, weil die zerstückelte Kommunikationshistorie die Chronistin in mir zum Verzweifeln bringt.

Dann gibt es ein paar, denen das Facebook-Teufelszeug nicht ins Haus kommt, die aber auf Google Hangouts schwören. Diese Privacy-Logik erschließt sich mir auch nicht so recht.

Schließlich die Individualisten. Viber, Telegram, Wire, Signal und dazu noch ein paar obskurere, aber angeblich privacy-schützende Kandidaten. (Und fangen wir gar nicht erst an mit site-spezifischen Chats, Instagram, Youtube,  Flickr-Messages…).  Wenn das so weitergeht, brauch ich bald für jeden Kontakt eine eigene App, und im Email-Footer eine elendslange Liste an Kontaktmöglichkeiten. Ja ist denn das notwendig? Eine Zeitlang sah’s so aus, als würde sich Viber durchsetzen, dann hatte Telegram die Nase vorn, momentan aber ist alles endlos zerstreut, und wenn man nicht quasi täglich etwas Neues installieren will, bleibt in vielen Fällen nur die nicht allzu gute, alte SMS. Die ja zum einen privacy-mäßig wirklich gar nichts zu bieten hat, zum andern auch mit Bildern und anderen Nicht-Text-Komponenten überfordert ist. Oder halt Email, aber die nimmt zeitlich ja keiner mehr ernst.

Mag sein, dass das jetzt ein bisschen technikmüde klingt, aber so ist es nicht gemeint. Auch wenn ich schon 100 Apps zu einem Thema ausprobiert habe, bleibt die 101. immer noch spannend, da bin ich kindlich, wenn nicht gar kindisch. Aber was (mir) fehlt, ist eine Art zentrales Archiv – besonders dann, wenn es sich um Nachrichten handelt, deren Inhalt man nach einer ganzen langen Weile doch noch brauchen könnte. Weil, ob ich mich in zwei Jahren noch daran erinnere, über welchen Kanal ich im August 2017 mit Person X  über Thema Y kommuniziert habe, kann ich nicht versprechen. Besonders dann nicht, wenn Person X die Kanäle wechselt wie andere die Unterhosen. Und manches braucht man zwar nie wieder, hätte es aber trotzdem gern behalten, wie einen guten alten Brief halt, oder eine Ansichtskarte.  Es ist ja nicht so, dass immer nur neue Kanäle dazukommen – manche verschwinden auch recht schnell wieder, und die ausgetauschten Infos mit ihnen.

Exportfunktion haben alle diese Kanäle, wenn überhaupt, nur rudimentär. Backups gibts zwar meistens, aber keine menschenlesbaren. Wenn man also sicher sein will, Wichtiges dereinst auch wiederzufinden, bleibt derzeit nur, diese Nachrichten aktiv (!) händisch (!) zu archivieren. Irgendwie hab ich mir 2017 anders vorgestellt.

Oder geh ich das falsch an? Sollte ich einfach  sagen, ich bin über Kanal A zu erreichen, und die anderen interessieren mich nicht? Wie macht ihr das so?

[Photo by Quino Al on Unsplash]

Eine Antwort zu „Talk to me, aber wie?“

  1. Flyingsufi

    Wer hip sein will muss leiden. Meine E-Mail-Sammlung reicht bis ins vorige Jahrtausend zurück :))

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