13. Oktober 2002

Sunday Morning coming down

Solche Bilder macht man nicht, belehrt mich die Fotografin in mir, viel zu dunstig, zu wenig Kontrast, will keiner sehen. Warum nicht, wehre ich mich, genauso war doch dieser Tag, grau und feucht und wenig ansprechend, das darf man doch auch abbilden, wenn es schon genau so war?

Nein, spricht der Bildmensch in mir, auch wenn es so war: das behält man für sich. Herzeigen tut man das nicht, herzeigen tut man so etwas:

Bitte, der Himmel könnte noch besser sein, 5 Minuten Photoshop, aber das willst du ja wieder nicht, mit deinem dämlichen Authentizitätsfimmel.

Genau, sage ich, Authentizität, das bunte Bild da kannst du schmeißen. War zwar genau so, erweckt aber einen völlig falschen Eindruck. So als könnte man sich gemütlich vor die Bäume setzen und die schönen Farben betrachten. Kann man aber nicht, weil einem dabei der Arsch abfriert. Pfeif auf die Ästhetik, was hat man denn davon, wenn es viel zu kalt ist, um sie zu genießen.

Ach, große Worte, strahlt die Kamerahalterin. Schließlich haben wir in schönstem Einverständnis das da fotografiert.

Und das schaut gut aus, obwohl uns beiden das Business dahinter am Arsch vorbeigeht. Nein, wehre ich mich, das ist doch eine tolle Aussage in dem Bild, Kunststadt Wien als Massenware, das hat eine Aussage, eine Bedeutung.

An so etwas denkt doch keiner, schnappt das Auge zurück. Verfroren, verloren. Authentisch abgezockt. Können wir uns jetzt auf etwas Warmes einigen?

Klar. Das können wir.

Solchermaßen warmfingrig stromern wir eine Weile durch den Wiener Wald (wenn auch nicht durch den Wienerwald), ein seltenes und in seiner Ziellosigkeit auch seltsames Unterfangen, stoßen auf einen keltischen Baumkreis mit Musik, später auf einen Pensionisten mit Endzeitphantasien (“Der Ami ist am Zusammenbrechen, und wenn der Ami erst einmal zusammenbricht, dann fallen alle über uns her, die Jugos und die Tschechen und die ganzen Ostländer”), lassen dann den Bulli fast selbsttätig den Weg in die Stadt hinunter finden, dann noch da und dort, hier und da:

Ja.

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