Sticheleien

16. Juni 2021

Gestern war es soweit, ich habe meinen ersten Stich gekriegt. Nicht in einem modern-dystopischen Impfzentrum, sondern in einem altehrwürdigen, leicht bröckelnden Amtshaus, das sich durchaus für Traum- und Schreibsequenzen eignen würde. Leider ist die fotografische Dokumentation mangelhaft. Als ich ankam, war ich zeitlich knapp dran, drinnen durfte man nicht, und als ich wieder ging, war ich zu beschäftigt damit, nicht hypochondrisch zu werden. Dazwischen lag ein jovialer Empfang, eine resolute Leute-Verteilerin, ein blutjunger, aber souveräner Impfaufklärer und eine wortkarge Spritzensetzerin sowie 15 ereignislose freiwillige Warteminuten. Am perfekten Post-Stich-Selfie hinderte mich die eigene Entscheidung, ich wollte den Stich in den rechten Arm, weil ich nur auf der linken Seite gut einschlafe, und das mochte der Impfarm schon seinerzeit bei der Cholera-Impfung nicht gern. Mit der linken aber gelangen keine unverwackelten Fotos vom Pflaster am Arm, blöde Sache.

Ich ging dann zu Fuß heim, um den Körper erst gar nicht auf dumme Ideen kommen zu lassen. Der hatte aber auch erstmal keine, außer dass jetzt auch die anderen, bislang urbequemen Sandalen blasenverdächtig schaben. Was hat sich verändert, die Schuhe oder mein Fuß? Anyway, 14000 Schritte.

Nachts einmal schwitzend aufgewacht, das kann aber auch an der Daunendecke gelegen haben, in die ich mich verstrickt hatte. Am Tag danach müde (trotz langen Schlafs) und ein gewisses „High“-Gefühl, das mich der ToDo-List etwas entspannter gegenüberstehen lässt, als es bei deren Länge angebracht ist. Andere Nebenwirkungen, die mir von guten Freunden vorhergesagt wurden, wie ein dritter Arm oder ein Hexenpickel auf der Nase, traten bisher nicht ein, auch der 5G-Empfang lässt leider noch auf sich warten.

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