Sonnengefoppt

13. März 2009

Die neue Pete Doherty hört sich angenehm sehnsüchtig nach Vorfrühling an, und von irgendeiner Nebenwohnung kommt ein Hauch von Schokoladekuchen, grade gebacken werdendem Schokoladekuchen nämlich. Mhm. Es ist angenehm warm hier, trotzdem hab ich grad 3x geniest. Ich hätt mich halt heut mittag nicht von der Sonne foppen lassen sollen, die zwinkernd zu einer Fototour lockte.

Kaum war ich vor der Tür, schüttete es wie aus Eimern, gefolgt von einer Graupelschauerei. Ich stellte mich unter, schon lockte sie wieder. Ich raus, schon schauerte es. Gegen Richtung Karlsplatz dann Donnergrollen, ich flüchtete in ein Buchgeschäft, grabbelte in der Grabbelkiste, die noch Schilling-Ausgepreiste Exemplare enthielt, draußen lockte foppte schon wieder die Sonne, ich um 4 Euro ärmer aber um 4 Bücher reicher machte ein paar Wolken-Kontrastfotos und stand schon wieder in einem Regenguss, der so schnell hereinbrach, dass ich die Kamera kaum rechtzeitig unter die Jacke gekriegt hätte.

Ich huschte von Dach zu Dach und wurde, außerhalb der Regenjackengebiete, doch ganz schön nass. Ein Grieche bot sich als Unterschlupf an, vielleicht gar ein liederliches Glas Retsina mitten am Tage? – Dagegen sprach nicht nur die widerliche Synthpop-Musik aus dem halboffenen Fenster, sondern auch die verhärmten Gesichter der Gäste und Gästinnen. Ich floh durch einen weiteren Graupelschauer, zog zum Trocknen sogar Starbucks in Betracht, doch als ich unter dem Vordach ein Zigarettchen rauchte, wehte eine vielköpfige Wolke von billigem Parfüm und arroganter Schnöseligkeit an mir vorbei ins Warme, das also auch nicht. Im übrigen blinzelte da ja bereits wieder, na? – Die Fopp-Sonne zwischen den Wolken hervor.

Also noch ein Versuch zur Fotojagd, langsam die Richtung wieder auf Hause drehen, denn viel mehr als eine Stunde Frei-Zeit konnte ich mir eh nicht erlauben. Das hinterhältige Biestgestirn wartete mit dem nächsten Versteckspiel, bis ich weit von jedem schützenden Vordach entfernt war. Dann überließ es den Himmel den Wasserfällen. Am Künstlerhauscafe wäre ich beinah vorbeigeschemmt worden, erreichte aber dann doch die Tür. Einen Kaffee und ein paar Seiten Bücherbeute später (Manhattan fliegt lässt sich schön absurd an, am Nebentisch raucht eine alte Dame (mit Hut! Und Spitzenhandschuhen!) ihre Zigarette mit elfenbeinfarbigem Zigarettenspitz, während sie ihren Freundinnen von ihrem Urlaub in Südafrika erzählt, und der einzige, der grantig schaut, ist der Kellner. Dann aber ist es höchste Zeit, wieder an die Arbeit zu denken; am Karlsplatz noch spielt einer auf einer schwer verstimmten Gitarre, die Stimme dazu aber sauber und kräftig, “Wish you were here” in Endlosschleife, an wen er wohl denken mag dabei, und ein paar Kids stolpern über ihre Skateboards. Und die Sonne scheint auch noch ein Stück.

Vielleicht wird’s ja doch noch Frühling. Irgendwann.

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