26. Oktober 2025

Sonn-Feiertag

Die geplanten Mitwanderinnen fallen schon nach kaum einem Kilometer wegen Proseccobegeisterung aus. Früher einmal, denke ich, hätte ich mich vielleicht mitbegeistert,zumal das angesteuerte Lokal den Original-Branntweinercharme der 1970er versprüht, wenngleich auch Prosecco und Schinken-Käse-Toast auf der Karte stehen, aber nein – ich bin zwar abends durchaus immer gern in den tiefsten Tiefen der Lokalkultur versumpert, am hellichten Mittag war mir das nie ein Bedürfnis.

Ich ziehe also unbegleitet weiter, und warum nicht einmal wieder raus aus dem 10., ich nehm die S-Bahn Richtung Norden. Was mir schon länger so vorschwebt, aber bisher erst einmal passiert ist: Mit der nächstbesten S-Bahn bis an die Endstation und dort dann eine Runde machen. Gänserndorf wäre das heute gewesen, aber unterwegs kommen mir angesichts der dunklen Wolken Zweifel, ich steige doch lieber an der Donau aus.

Gänserndorf kann warten, dachte ich, und mir fielen nur zwei Besuche dort ein. Einmal lange vor Blog-Zeiten, es müssen die späten 1980er gewesen sein. Ich war recht frisch in Wien und hatte das Bedürfnis, aus dem Betonernen zu flüchten. Mit einer Freundin fuhr ich nach Gänserndorf, wir wanderten ein Stück und setzten uns dann an einen Feldrand, um einen atemberaubenden Sonnenuntergang zu sehen. Das zweite Mal viele Jahre später hier. Irgendwas hat’s wohl mit Gänserndorf und Sonnenuntergängen.

Heute aber bleibe ich in Wien. In der Sonne ist es fast zu warm, in Wind und Schatten fast zu kalt. Blätterwirbel zwischen den zerzausten Bäumen, ein einsamer Drache im Himmel.

Ein Stück die Insel entlang und dann im Zickzack Richtung Floridsdorf. Im Bahnhof schließlich steht ein weißes Klavier mit der Einladung, sich dranzusetzen – Für einen guten Zweck. Ein grauer Herr im grauen Anzug, schmächtig und unauffällig, nimmt die Einladung an und spielt, sichtlich und hörbar tastengewohnt, nicht etwa lieblich-gefälliges, sondern wuchtig Teildissonantes, mir kommt spontan Schönberg in den Sinn, aber was weiß ich schon von ernster Musik.

Die S-Bahn unerwartet sonntagsvoll, ich fahre bis zum Hauptbahnhof und gehe durch die Halle, um den Rest des Wegs wieder zu Fuß zu gehen. Nach Prag könnte man fahren, ein bisschen später sogar direkt nach Bukarest, das könnte mir durchaus gefallen.

Die Favoritenstraße eher leer, auch der Reumannplatz wirkt ungewöhnlich verschlafen. Die Nationalfeiertagsfeierlichkeiten habe ich heute jedenfalls weitläufig umwandert.

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