Ich träume von der Wimper, mit der damals alles begann. In einem Teich hatte ich mir die Augen gerieben, nach einem kurzen Untertauchen, und dann die Wimper an meinem Daumen entdeckt. Ich bugsierte sie auf meinen Zeigefinger, holte tief Luft, stellte mir intensiv dieses Gesicht vor und blies kräftig darauf. Ich glaube nicht an so etwas, es ist die Geschichtenerzählerin in mir, die es dennoch tut, sie erzählt gerne von magischen Momenten, und der Rest von mir hört gerne zu. Die Wimper flog, trotz nasser Finger, in perfektem Bogen über meine Schulter und löste damit ein kindliches Glücksgefühl aus.
Später träume ich von drei Wollknäueln, die nicht in meinem Stash katalogisiert sind. Es ist schwarzes Bändchengarn, leicht glänzend, mit unregelmäßig ausgefransten Rändern, wahrscheinlich vollsynthetisch. Etwas, das ich niemals kaufen würde, keine Ahnung, was ich damit anfangen soll. Ich wende sie ratlos in den Händen, dann sehe ich die Karte auf dem Tisch. Sie zeigt eine Schachtel, winzig klein, überquellend von Wollknäueln. Daneben hat jemand ungelenk einen Bierkrug gezeichnet. Ich drehe sie um, da steht „Geh stricken und trink ein Bier!“. Die Handschrift wird zur Stimme, viel zu laut, ich suche den Lautstärkeregler, finde aber nur den Ausschaltknopf. Die eben noch neuglänzenden Wollknäuel sind alt, staubig und zerzaust, verwittert unter meinem unbändigen Zorn.
Im Aufwachen erinnere ich mich an etwas, es dauert lange, bis die Archive das Blatt freigeben, aber die Chronistin ist hartnäckig und weiß, dass nichts wirklich verloren geht, auch wenn es nur ein Jahre alter Zettel ist.
Wenn Augen nur zweidimensional wahrnehmen können, dann bleiben die wirklichen Welten unerschlossen, egal wie sehr und wie lange man sich bemüht. Früher oder später bleibt dieser Blick ohnehin in einem Spiegel hängen – und weiß auch nichts mehr von sich selbst.
