• Agententhriller

    Am gegenüberliegenden Eingängen der S-Bahn stehen zwei Menschen, die beide telefonieren. Er sieht aus wie ein sehr junger Dustin Hoffmann und erzählt etwas in leisem Türkisch, sie, etwas älter, Typ italienische Schönheit, spricht in kurzen Sätzen, lauscht dann wieder, in einer slawischen Sprache. Mir, dazwischenstehend, klingt es trotz der unterschiedlichen Sprachen wie ein einziges Gespräch.

    Ich imaginiere sofort einen Agentenroman, in dem man sich wegen der heute allgegenwärtigen Kameras nicht einmal mehr in der Bahn entspannt unterhalten kann, die unterschiedlichen Sprachen der sicher vielsprachigen Beteiligten ganz bewusst gewählt zur weiteren Verschleierung, eine Liebesgeschichte hat da auch noch Platz, besser ein Dreieck, zur Ablenkung, falls der Agenten-Plot Löcher hat.


  • eiszeit

    eiszeit

    kalte füße. ich habe nicht damit gerechnet, eine halbe stunde am bahnhof zu stehen. es nebelt. ich werde zu spät kommen. ich mag es nicht, wenn ich zu spät komme.

    ich habe die warme winterjacke an und bin zu gleichen teilen froh, zumindest am oberkörper nicht zu frieren, und irritiert vom unbeweglichen michelin-männchen-gefühl, das sie auslöst. ich habe die warme winterjacke seit mindestens zwei jahren nicht gebraucht.

    kalte füße, und die zug-abfahrtszeit zählt minute für minute hoch. rettungseinsatz, sagt die lautsprecherstimme. allen mitwarte-unkenrufen zum trotz ist nicht jeder rettungseinsatz einem suizid geschuldet, aber viele sind es doch. was sind schon meine kalten füße gegen einen rettungseinsatz, was immer dessen grund auch sein mag.

    der rest des bahnhofs liegt im nebel, der eine oder andere zug fährt da oder dorthin. nur meiner fährt nicht. die warmen winterschuhe habe ich nicht an, weil sie auf der warmen veranstaltung, zu der ich jetzt deutlich zu spät kommen werde, unangenehm gewesen wären.

    eine uralte loks zieht ein paar noch ältere waggons vorbei. ich muss an den besoffenen typen denken, der mir und einer freundin in einem schwedischen zug erzählte, er habe die waggons entworfen, in denen wir saßen, rostig und abwrackbereit sahen sie aus. es sei nicht seine schuld, erzählte er, er habe die waggons für den balkan entworfen, jugoslawien, türkei, für skandinavien seien sie nie geeignet gewesen. unsere zweifelnden mienen ignorierte er. man habe ihn entlassen, obwohl er laut und deutlich vor den problemen gewarnt habe, und seither sei sein leben kaputt. ob wir nicht ein paar kronen für ihn hätten?

    ob wir ihm geld gegeben haben, erinnere ich nicht, auch nicht, ob er deutsch mit schwedischem akzent oder schwedisch mit deutschem akzent gesprochen hat. wie er aussah weiß ich auch nicht mehr, ein schwebender eindruck langer, fettiger haare vielleicht. aber diesen leeren bahnhof, an dem wir ausstiegen und meinem vater, der mit dem auto auf uns wartete, die wilde geschichte erzählten, erinnere ich. das skandinavische sommerlicht. den lauen wind durch die offenen autofenster.

    (und vielleicht habe ich diese geschichte in diesem blog schon einmal erzählt, aber am laptop zu suchen ist mühsam)

    kalte füße, und ich habe schon seit dem duschen einen fiesen ohrwurm. die kopfhörer sind im anderen rucksack. im ungeheizten unterstand telefoniert eine frau in einer weichen slawischen sprache, sie spricht langsam und überdeutlich, als würde sie mit einem kind reden. wir anderen frieren still vor uns hin.

    kalte füße, und endlich der zug. nach norden. ab praterstern sehr leer. er bummelt dahin, mehr als ein rex sollte, und die füße werden langsam warm.

    warme füße, und weil ich nicht die einzige bin, die von der zugstörung betroffen war, habe ich von der veranstaltung noch kaum was versäumt.


  • Das Bier des Tages

    Das Bier des Tages

    Das Must Kuld von Pohjala ist ein Porter mit einem ausnehmend guten Ruf, das sich aber erst heuer bis zu mir durchgesprochen hat. In der Nase gesponnener Zucker mit etwas Säurehintergrund. Auch auf der Zunge weiche, schön rauchige Malznoten, bevor der Hopfen den Geschmackswagen anschiebt. Dazwischen bilden sich fein schokoladige Kaffeearomen. Wirklich toll an diesem Porter ist, wie rund die unterschiedlichen Aromen zusammenkommen, es hat was von Weihnachten auf der Zunge, obwohl es dabei ganz klar Bier bleibt.

    Zu trinken in einer Dachgeschosswohnung, während man aus dem Schrägfenster auf tanzende Flocken schaut und sich sinnend fragt, wo die ganzen Jahre wohl geblieben sind.


    Bier-Übersicht


  • Eine Zahnbürste mit Gummikopf statt Borsten ist das einzige Bild, das im Aufwachen von meinem Traum übrigbleibt. Dahinter eine Ahnung von bunt und unterwegs gewesen sein. Der Kopf der Zahnbürste sieht aus wie einer dieser ausladenden, labbrigen Pilze, und ich drehe sie verwirrt in der Hand und frage mich, wie man damit die Zähne sauber bekommt.

    Darauf einen Schluck Realität, oder nein, es ist doch nur Kaffee.


  • Verloren im Ungefähren

    Jetzt wird es aber wirklich Zeit, dachte ich gleich am ersten Jänner, diesem Blog wieder ein Classic Design zu verpassen, immerhin schwirrt die Idee schon ein Jahr in meinem Kopf herum, und im Sommer bin ich dann einmal baden gegangen, anstatt mich weiter mit dem Layout auseinanderzusetzen, und schließlich richtig grantig geworden.

    Dass es jetzt aber wirklich Zeit wird, merkte ich daran, dass ich zunehmend Beiträge als Entwurf abspeicherte, ohne sie zu veröffentlichen. Das ist ja nun wirklich nicht der Sinn eines Blogs, ist aber ein bekanntes Muster, wenn ich mit dem Ding einfach nicht mehr zufrieden bin. Ich begab mich also in Klausur mit siebenunddrölfzig Dokumentationen und noch mehr Beispielthemes, um mich endlich auch den Block-Themes anzunähern.

    Drei Tage später habe ich zwar einen guten Überblick und eine Grundidee der inneren Logik des Block-Template-Systems, aber noch immer nicht die geringste Freude damit. Ein Euro für jedes Mal „warum kann ich hier nicht einfach eine Zeile php/css/javascript schreiben, anstatt wie ein Tschopperl herumzuklicken, verdammt?“ – und ich könnte mir eine Nacht für zwei in einem Luxushotel leisten. Mit Frühstücksbuffet.

    Vermutlich liegt das Problem in meiner inneren Logik, der gleichen, die mich jedesmal an Strickschriften verzweifeln lässt. Auch dort fluche ich jedesmal: Warum können die Designer*innen nicht einfach ganz normal hinschreiben, was man stricken soll, anstatt komplizierte Tabellen mit kryptischen Zeichen zu servieren? – Die ganze Sache ist seltsam. Ich liebe fremde Sprachen und Schriften, habe einige davon nur so zum Spass gelernt, organische ebenso wie Programmiersprachen, aber halt immer in Zeichen und Zeilen. Die Strickschrift habe ich in grauer Vorzeit auch zu entziffern gelernt, aber widerwillig und fluchend, und genaugenommen ist es bis heute mehr ein inneres Übersetzen als ein richtiges Verstehen. Genau so geht es mir jetzt mit den WordPress Block Themes.

    Es ist nämlich keineswegs so, dass alles immer gleich funktioniert, es ist ein herumstochern im Dunkeln, eine Annäherung, es hat immer etwas Ungefähres. Hat man an einer Stelle das erwünschte erreicht, kommt man drauf, dass es anderswo auf eine andere Art eingebunden ist und deshalb noch einmal extra zusammengeklickt werden muss (außer man hätte vorausgeahnt, dass es anderswo anders funktioniert, und ein Template erstellt. Naja…). Es ist frustrierend.

    Ab und zu liebäugelte ich auch mit meinen bewährten Nicht-Block-Themes und freute mich darüber, mit ein paar Code-Zeilen eh dort zu sein, wo ich hinwollte, aber dann klopfte ich mir wieder selbst auf die Finger. Rückwärts ist keine Option.

    Zufrieden bin ich nicht, aber jetzt steht da aber immerhin wieder etwas, das halbwegs OK ist. Irgendwann werd ich weiter optimieren. Vielleicht.


  • In aller Stille gerutscht

    In aller Stille gerutscht

    Auf der Straße liegt eine Spielkarte, eine Karo 4. Von den Tarotkarten habe ich mich in den letzten Wochen ferngehalten, alles hat seine Zeit, und psychologisch-kontemplative Innenschau hat jetzt keine. Die Karo 4, die mit der vier der Münzen gleichzusetzen ist, ist ein passender Kartengruß, ich sollte mich wirklich mehr mit den Finanzen beschäftigen. Als Vorhersage, wenn wir das am vorhersageträchtigen 31. Dezember ausnahmsweise auch einmal erwähnen wollen, verhieße sie Positives. Mal sehen.

    Ein Baumarktbesuch am Silvestertag ist auch neu; mir fehlt ein Holzkisterl. Dazu gleich noch ein frisches Brot vom dortigen Bäcker.

    Ein paar persönliche Mails und Botschaften, Jahresrückblicke erdacht und verworfen. Warum nicht einmal einfach so sein und alles andere lassen?

    Das Bier des Tages

    Heute war es Zeit für das Plum Porter von St Peter’s. Im Bild mit dem Dämmschlangenelch, der zu kurz für die Wohnungstür ist und nun sein Leben damit verbringt, süß auszusehen und zu nichts nütze zu sein, und einer Postkarte, die dem letzten Jahr gilt, bildet das Porter beim eingießen kaum Schaum aus, schon gar keinen stabilen. In der Nase ein Portwein-Aroma, das gar nicht an Bier denken lässt (nicht einmal an Porter).

    Auf der Zunge kommt die Pflaume stärker durch, hat dort aber auch kaum Konkurrenz, am ehesten noch etwas schwaches Malz. Selbst der Hopfen lässt sich nur verschämt im Hintergrund blicken, wenn man den Schluck sinnend im Mund herumrollt, und verschwindet mit allem anderen wieder, noch bevor der Abgang vollendet ist. Im Weiterkosten, auf der Suche nach Dingen, die sich noch darüber sagen ließen, ein Geschmacksbild von einem Weinfass, das zu lange in einem teerigen Schiffsbauch gelegen ist. Im Vergleich zu früheren (vor Blog-Verkostungs-Zeiten) verkosteten St. Peter’s Spezialitäten doch eine Enttäuschung, die man nicht einmal herb nennen kann.

    Zu trinken alleine in der Küche eines alten britischen Landhauses, während in dessen Wohnzimmer eine mittelgroße, entfernt verwandte Familie auf die Wiederholung von „Dinner for One“ wartet und sich dabei nach Kräften bemüht, die Gags schon alle vorwegzunehmen. | Bier Übersicht


    Derweil duftet aus der Küche Vielversprechenderes, obwohl ich bei meiner Feiertags-Eintopf-Suppe gleich zwei Nachlässigkeiten kompensieren muss: Zum einen hat sich das im Tiefkühler gewähnte Stück Rindfleisch als hochwertiges Mangalitza-Schnitzel entpuppt, das für eine Suppe viel zu schade wäre. Und zum anderen habe ich vergessen, auch Kartoffeln dazu zu geben, das fällt mir erst auf, als es viel zu spät ist, um die gemeinsam mitzugaren. Ersteres korrigiere ich mit einer schön speckigen Schinkenschwarte, zweiteres werde ich wohl einfach gut sein lassen müssen.

    Die dennoch durchaus essbare Suppe genossen und diverse Kommunikationen auf allen Kanälen. Irgendwie bin ich froh und dankbar, als es endlich Zwölfe schlägt, quasi als Zeichen, dass auch dieses neue Jahr stattfinden wird und einem guten Schlaf nichts mehr im Weg steht.

    Draußen bleibt es übrigens den ganzen Tag erstaunlich ruhig, rund um Mitternacht ein bisschen Geballer, aber um eins herrscht schon wieder Stille. Gut so.


  • Auf ein Neues!

    Auf ein Neues!

    Vielleicht habe ich ein wenig zu lange an meinem Jahresrückblick herumgebastelt, mal schien er zu finster, mal zu strahlend, mal zu sommerlich warm, mal viel zu kühl, mal zu jung, mal zu alt. Ich versuch’s nochmal, in aller Kürze: Das Jahr war bunt und schwarz und sonnig und verregnet, es war kalt und warm und leicht und schwer. Für heuer soll das genügen.

    Stattdessen werfe ich einen hoffnungsfrohen Blick in die Zukunft, weil irgendwie ja doch, trotz all der vielen wunderschönen und garnichtschönen Jahre, noch immer so ein bisschen wundernde Hoffnung bleibt. Was winkt am Horizont des frischen Tags, des neuen Jahres? Irgendwas glitzert da, mitten im nachtschwarzen Samt. Vielleicht ein Tanz um den Regenbogen? Ein helles Segel im dunklen Meer?

    In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein wunderbares Jahr 2025, mit allem, was die viel zu schnell vergehende Zeit schön und schöner macht. Habt es laut und bunt, oder ruhig und besonnen, ganz wie es gerade passt und angenehm ist. Bleibt dem Leben treu!


  • Tiefseefischer

    Tiefseefischer

    Nach dem Aufwachen den Kaffee ins Bett mitgenommen und erste Weltschau unter der Kuscheldecke. Überlegt, gleich im Bett zu bleiben und weiterzustricken, aber ein Anruf treibt mich an den PC. Auf der Suche nach einer Mail, die ich bekommen hätte sollen, in den Spam abgetaucht und festgestellt, dass sich die Spam-Mails über die Feiertage offenbar verzehnfachen. Die verschollene Mail trotzdem nicht gefunden.

    Dann mit Anlauf in die Archive abgetaucht, bevor ich die angedachten Änderungen am Blog umsetze sollen zumindest alle alten Inhalte wieder ansehnlich und gut sortiert online sein. Ob es jemals so sein wird? Egal, ich schwimme gut in den Teifen der Zeitläufte und finde so manches vergessene Perlchen, wenngleich auch reichlich Mist und leere Muschelschalen.

    Dieser Dezember hat schöne Lichtstimmungen zu bieten, auch wenn ich heute nur einen kleinen Ausflug zur Tankstelle mache, weil bei der Voraus-Einkauferei zu wenig Käse angekommen ist.

    Das Bier des Tages

    The Modus Hoperandi IPA kommt aus der Ska Brewing Company in Durango, Colorado. In der Nase zeigt es sich sehr zurückhaltend, nur ein Anflug warmtönigen Hopfens weht vorbei. Umso beglückender der erste Schluck: Intensive IPA-Hopfigkeit mit Zitrusaromen, sanft gestützt von dunklem Malz, das aber keine Anstalten macht, dem Hopfen die Bühne zu nehmen. Im Abgang kompromisslos bitter, im Nachklang bleibt eine Anmutung von herbstlichem Nadelwaldboden.

    Zu trinken an einem klaren Spätsommertag, in einem Schaukelstuhl aus Korbgeflecht, der auf einer Veranda steht, von der aus man über weite Felder in der Ferne die Rocky Mountains sieht. Zu diesem Song.

    Danach ein unglaubliches Dry-Aged Steak aus Salzburg, das sowohl den Tiefkühler als auch meine mangelnde Steak-Erfahrung unbeschadet überstanden hat. Das begleitende Bohnengemüse hätte knackiger sein können. Dass ich dann vor lauter Hunger und Genuss schon wieder vergesse, ein Foto zu machen, ärgert mich im Nachhinein ziemlich, das war mit Sicherheit das beste, was ich mir 2023 selbst zubereitet habe, und eigentlich fällt mir auch kein Fremdessen ein, das mich mehr begeistert hätte.

    Danach satt und hoffnungsfroh das Fernsehprogramm durchgeswitcht, weil, man kann ja nicht jeden Tag das gleiche Zerstreuungsprogramm zum Stricken wählen, aber bis zum Ende der Senderliste nichts Anständiges gefunden, und reumütig in die südschwedische Mordlandschaft zurückgekehrt.


  • Neue Galaxien

    Neue Galaxien

    Zum Frühstückskaffee wieder Literatur, die Lichtungen und Manuskripte des laufenden Jahres habe ich bisher weitgehend nur an- und nicht ausgelesen. Darin lässt es sich gut versinken, bis mich eine unerwartet miserable Kurzgeschichte aus dem Vergnügen reißt. Ich kann einem Plot gegenüber nachsichtig sein, wenn die Sprache top ist, und ebenso kann ich der Sprache gegenüber nachsichtig sein, wenn die Geschichte toll ist, aber eines von beidem muss stimmen. Ein Techniker-Text mit den pseudo-philosophischen Erkenntnissen eines Teenagers lässt mich unzufrieden zurück.

    Gegen Mittag Eierspeislust, die letzte war ja auch schon eine Weile her. Leider ist der Mozzarella von der gummiartigen Sorte, der Rest aber sehr gut. Vom Gummimozzarella habe ich dummerweise noch eine zweite Packung. Sehr erfreut dagegen von meinem Bäcker-Brot, das auch 5 Tage nach dem Kauf noch frisch und köstlich mundet. Der Sauerteigtradition sei’s gedankt.

    Danach eigentlich zum Einkaufen aufgebrochen, nicht dass ich etwas gebraucht hätte, aber zugeflogene Gutscheine riefen nach kulinarischen Langzeitinvestitionen. Draußen ist es ziemlich warm, 8 Grad im Schatten, in der Sonne spürbar mehr. Spontan die Einkaufspläne verworfen und im Zickzack durch den Bezirk mäandert, durch unbekannte und wenig beschrittene Gassen. Fotogene Kontraste zwischen Dezembersonne und winterkahlen Bäumen freuen mein Auge, auch die Gemeindebaukünste haben in diesem Licht einen anderen Charme.

    Der Kika-Leiner-Parkplatz an der Laxenburgerstraße sehr leer, auch seltsam, da geht ein Möbelkonzern pleite und wirbt im Fernsehen für den letzten Ausverkauf; dieser Kapitalismus ist ein seltsames Ding. Die dritte Pleite dürfte, so wie es aussieht, die letzte sein. Damit gibt es dort dann auch keine Penne mehr.

    Die Laxenburgerstraße problemlos querbar, so wenig Verkehr ist heute. Ich gehe durch die neueren Wohnblocks drüben und feile innerlich an einer Geschichte über wohlmeinende Dystopie. Dieser Stein der Weisen lässt mich aber ratlos zurück.

    Dort, wo die Wohngebäude mit älteren Verwaltungs- und Bildungsblöcken angereichert sind, lockt schließlich eine Brücke gen Süden. Ich folge dem Ruf.

    Der Aufstieg ist so steil, dass ich forschen Schrittes am Zenit fast nach vorne kippe. Auf der anderen Seite Schrebergärten, Sportstätten und schließlich der Blick in eine wunderbare Weite, die Heuberggstättn heißt.

    Durch normale, berüchtigte und leere Gegenden geht es weiter, mit einem kleinen Abstecher in ein Allesundnix-Geschäft, weil Durst. Mineralwasser ist aber aus, ich nehme einen Eistee und wundere mich über die Masse der Autozubehör-, Möbel- und Spielzeugeinkaufenden. Zum Glück schnell wieder draußen und auf dem Weg. Nach langem wieder so ein Moment, in dem die Füße einfach immer weiter gehen wollen, auch wenn einem da und dort seltsame Gestalten begegnen.

    Am Ende mit 15000 Schritten in Oberlaa herausgekommen. Die Füße wären weiter willig gewesen, doch das Fon verweigert mit nur noch 5 Prozent Akku nicht nur weitere Fotos, sondern auch sinnvolle Navigation, und den gleichen Weg zurück ist mir einfach zu fad. Daher mit der U-Bahn zurück in bekanntere Gefilde, zu Hause schließlich 18.000 auf dem Tacho.

    Eine kleine Jause und eine halbe Flasche Mineralwasser später bin ich mehr als bereit für das…

    Das Bier des Tages

    Das Stormburst IPA von o’haras duftet mindestens so nach tropischem Obstgarten, wie die Dose aussieht. Dahinter steigt eine sanfte Anmutung von IPA auf. Auf der Zunge ist es umgekehrt: Kräftig-hopfige IPA-Aromen werden von üppiger Frucht umspielt. Zitrus und gut reife Papaya werden zwar gut vom trockenen Hopfen aufgefangen, mir wird es aber besonders beim Weiterkosten doch zu süß. Im Nachklang bleibt zum Glück der Hopfen.

    Zu trinken sommers in der Dämmerung, hingefläzt auf eine parkwiese, wenn man sich von einem viel zu kommunikativen Tag erholen muss.


    Bier-Übersicht

    Im Bierbild schon Ideen für das neue Strickprojekt, nachdem ich drei fertiggestellt habe, erlaube ich mir noch vor dem Fädenvernähen, ein neues Anzuschlagen. Wilde, avantgardistische und elegante Ideen aber schnell verworfen, denn was mir wirklich fehlt, ist ein klassischer übergroßer Kuschelpulli. Ich entschiede mich für blau und Halbpatent.

    Dazu geistig in schwedischen Hörbuchuniversen gewandelt.


  • Dahingammeln

    Dahingammeln

    Morgens Joghurt-Müsli mit Apfel. Apfel ist ein Obst, das irgendwie nicht ins Müsli passt, stellte ich zum wiederholten Male fest, aber ich werde es auch diesmal bald wieder vergessen. Wäsche gewaschen und aufgehängt, und beim Lüften zum Entweichen der Luftfeuchtigkeit einen Blick auf diesen verblüffend blauen Himmel geworfen, der doch geradezu nach Schritten schreit.

    Da ich es aber nicht mag, wenn man mich anschreit, blieb ich zu Hause und beschloss, dass ich auch mal einen Tag lang dahimgammeln darf. Gemütlich ein bisschen herumorganisiert, dann unsortiert gelesen, von der Literaturzeitschrift in Internetforen, von dort in den Bücherstapel, schließlich ein bisschen Technisches, dabei sehr genossen, einmal mit nichts „fertig“ werden zu müssen.

    Fasziniert zum Beispiel von diesem ORF-Topos Artikel: „Im Zeitalter der permanenten Gegenwart„. Er erinnert mich an einen alten Text von mir, den ich partout nicht wiederfinde. Er drehte sich um das Gefangensein in Vergangenheiten und Zukünften und endete auf „Wann wird es endlich jetzt“. Viele Jahre später hatte ich das „jetzt“ erreicht, vielleicht ein bisschen zu sehr, dachte ich auch schon das eine oder andere Mal, und finde meine Gedanken philosophisch wertvoller aufbereitet in dem Arikel wieder.

    Das Bier des Tages

    Rave Machine, eine Kooperation zwischen Sudden Death (Lübeck) und Frontaal (NL), ist ein West Coast IPA und sollte daher der Leichtfüßigkeit des Tages weiter auf die Sprünge helfen können.

    Endlich wieder ein ganz typisches IPA-Aroma in der Nase. Beim ersten Schluck überrascht es mich mit ölig-weichem Mundgefühl und einer exotisch-fruchtigen Note, bevor sich der Hopfen kräftig meldet und die Geschmacksreise zu einem knochentrockenen Ende bringt. Ein schöner, kräftig-bitterer Nachhall ebnet den Boden für weitere Exotik, die irgendwo zwischen Grapferuit und Mango changiert. Die Kohlensäure unstet und kleinperlig. Die interessante Vielschichtigkeit bleibt im Weiterkosten erhalten, 5 Sterne mag ich dennoch nicht vergeben und sinniere bis zum Grund des Glases, ob dem Bier etwas fehlt oder ob es von allem zu viel hat.

    Zu trinken in der tropischen Dämmerung, nach einer Wanderrunde durch einen feuchtwarmen Dschungel, auf einer Holzbank an der Anlegestelle eines mächtigen Flusses.


    Bier-Übersicht

    Danach brate ich mir ein Stück Lachs (perfekt) mit Spinat (fast zu viel Knoblauch) und Kartoffeln (fast zu wenig Petersilie).

    Danach nach längerem wieder Lust auf Krimi im Ohr. Es gibt was Neues von Anders de La Motte, und weil das letzte Buch der Reihe schon ein Weilchen her ist, höre ich nochmals in Bortbytaren hinein, nur schnell für Set und Setting, denke ich, aber da habe ich mich schon festgehört, und warum nicht Gutes ein zweites Mal hören, das verlängert die Vorfreude auf den neuen Teil.

    Derweil wird mein Hauberl fertig, ich hatte mich an einer neuen Konstruktion versucht, und während der Vorderteil recht fesch ausschaut, musste der Hinterteil schneller zu Ende gehen als geplant, weil die Wolle dasselbe auch tat. Sieht ein bisschen seltsam aus, aber ich denke, nach einem Bad wird es dennoch recht tragbar sein.

    Schließlich noch anlässlich dieses Artikels spätabends mit meinem Lieblingssoziologen über die Kulturgeschichte der Gerüche gechattet, oder vielmehr über die Aufarbeitung derselben. Ein Thema, in dem ich mich auch gut verlieren könnte, denke ich, und bestelle gleich einmal ein Buch.