Die japanische Kirsche regnet rosa Blütenblätter zu einem filigranen Teppich. Der Rauch meiner Zigarette kringelt aus dem Schatten in die Sonne. Zwischen den rosa Blüten summt und brummt es. Bienen! Kann mich nicht erinnern, die letztes Jahr hier auch gehört zu haben. Das Blechdach über mir seufzt und knackst, als würde es sich in der Wärme wohlig strecken. Auch ich strecke mich, wohlig satt vom gemütlichen Osterbrunch davor.
Irgendetwas ist anders. Ich blinzle mir die Knospen des anderen Baums zurecht, der, von dem ich nicht weiß, wie er heißt und was er trägt. Im Gegensatz zur pinken Blütenpracht gegenüber bekommt er gerade erst zaghafte grüne Spitzen. Vögel plaudern absichtslos, nicht intensiv verlangend wie die Kohlmeise vor jenem anderen Fenster.
Friedlich, denke ich, es ist friedlich.
Kein Druck, denke ich. Zum ersten Mal seit langer Zeit, habe ich den obigen Moment nicht aus einem übervollen Kalender gestohlen. Ich muss nichts. Ich bin up to date. Dieser Moment ist nicht konstruiert, er ist passiert.
Ich muss nichts. Heute nicht und morgen auch nicht. Für den Moment ist das genug.
Später stricken und ein neues Hörbuch, Arne Dahl mit Utmarker, ein Fernseher aus dem Nebenzimmer. Ein bisschen mit Bildbearbeitung auf dem Fon rumgespielt. Noch später wäre ein gemeinsamer Spaziergang am Land angedacht gewesen, aber Pläne ändern sich, und so spaziere ich allein, in der Stadt. Am großen Park vorbei, schon ein bisschen gewundert, wie viele große WGs es in dieser Stadt zu geben scheint. Selber gehe ich außerhalb am Grünstreifen zwischen Straße und Straßenbahngeleisen, dort ist niemand, nur hinter einem Baum ein junges Mädchen, das aus den reichlich vorhanden Löwenzahnblümchen einen Kranz flicht.
Durch kleine Gässchen im 15., das ist fremd wie Urlaub und leer wie sonst nur mitten in der Nacht. Wienzeile und Gürtel lassen sich sorglos queren, es sind nicht nur wenige Fussgänger, sondern auch kaum Autos unterwegs. Hausdekorationen wirken österlich, überall blüht es rosa, und überraschenderweise finde ich mich in einem Spiegelbild.
Im fünften dann noch ein Park, der komplett Baustelle ist, und ein (zumindest mir) neues Mural.
Man könnte ja auch…, denke ich zu Hause. Den Schreibtisch aufräumen, die ToDo-List sortieren, die Wäsche waschen. Ach, man könnte es aber auch bleiben lassen, schließlich ist morgen noch ein Feiertag. Ich entscheide mich für Pizza und genieße die zu den Nachrichten.
Dann zurück zu Strickzeug und Hörbuch. Da draußen spielt jemand Opernarien, sehr laut. Eh schön, aber nach eineinhalb Stunden wär’s dann auch wieder mal genug.