29. September 2020

On the tracks again

Seit Mitte März keine Langreise mehr mit dem Zug gemacht, eigentlich gar nicht absichtlich: Es gab einfach nichts zu bereisen. Veranstaltungen waren abgesagt, Betriebe wollten sich sicherheitshalber nicht besichtigen lassen. Interviews, die man sonst vor Ort macht, geschahen telefonisch. Wie lange es her war, merkte ich an meinen Schultern, die unter dem mittlerweile ungewohnten Arbeitsausflug-Rucksack ächzten.

Für mitten in der Woche war der Zug doch sehr belegt, und ich gönnte mir zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Upgrade auf die erste Klasse. Ausnahmsweise, so viel Nähe fremder Menschen war ich nicht mehr gewohnt. Die Maskendisziplin im Zug war gut, nur ein einzige Nasenbär lief vorbei.

In Salzburg war es bereits finster, und nass war es auch. Mein Hotel lag in einer Richtung, in die ich vom Bahnhof aus noch nie gegangen war, etwa 15 Gehminuten entfernt. Das kam mir nach zweieinhalb Stunden herumsitzen ganz recht.

Nun hat ja eine liebe alte Freundin angesichts der Ausflugsbilder des Vorjahres gemeint: „Na du hast ja ein Händchen für seltsame Hotels!“ – und damit hätte sie auch diesmal vollkommen recht. Wobei „seltsam“ natürlich subjektiv ist. Was will man denn von einem Hotel? Ein Bett, eine Dusche, und sauber soll es sein, das sind die drei primären Eckdaten. Bett und Dusche kann man generell in einem Hotel voraussetzen, Probleme mit der Sauberkeit würden auf den diversen Portalen sehr schnell kommentiert werden, und damit sind die Grundbedürfnisse einfach zu erfüllen.

Die sekundären Eckdaten sind es, die mich oft in etwas eigenartige Hütten verschlagen: Als Nicht-Autofahrerin hätte ich es gerne fußläufig von dem, was am nächsten Tag zu erledigen ist, als Raucherin hätte ich gern ein kleines Balkönchen, damit ich nicht immer quer durchs Haus vor dir Tür gehen muss, und als zumindest im Geiste immer noch Rucksack-Weltreisende habe ich eine schwer überwindbare Abneigung gegen Luxusschuppen, ebenso wie gegen Business-Hotels, die so tun wollen, als wären sie Luxusschuppen. Pensionen mit angedrohtem Familienanschluss mag ich aber auch nicht wirklich.

Und so finde ich mich öfters in seltsamen Gegenden wieder, die ihre besten Zeiten ebenso hinter sich haben, wie die Hotels, die dort eben stehen. Heute verschlägt es mich in die 80er, das ist immerhin ein Fortschritt gegenüber den 70ern. Es ist immer ein bisschen eine Überraschungstüte, und meistens verblüffend preiswert.

An anderen Gästen sind mir bisher begegnet: Ein schläfig angegrauter Grauer-Anzug-Träger Marke Staubsaugervertreter, drei Montage-Jungs im Arbeitsoverall, und zwei angesichts des Ambientes ziemlich eingeschüchterte touristisch wirkende Mädels, aus Litauen vielleicht? Diese Sprache, die ein bisschen nach Finnisch klingt, aber nicht ganz.

Wie immer beim Hotelzimmer-Erobern eine schnelle Runde durch die Fernsehkanäle. Weil ich zu Hause keinen Fernseher habe, habe ich manchmal Hoffnungen auf ein interessantes Programm, aber es gibt eigentlich nie eines. Da kein ORF dabei ist, sehe ich die Nachrichten wie gewohnt am Handy. Und weil mir sonst nix Gescheites einfällt, habe ich schnell mal ein bisschen am Blog-Layout gebastelt. Irgendwas passt noch nicht ganz, aber fürs Finetuning brauch ich einen größeren Bildschirm. 🙂

PS: Bei der letzten Zigarette auf dem Balkönchen von gar nicht so fern der einsame Signalton einer Lokomotive aus der Stille. Das ist schon fast zu perfekt.

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