18. Oktober 2008

Mein Winterbalkon und andere Samstagsgedanken

Meine winzigkleine D-Wohnung hat ein Stück seltsames Mikroklima, das ich so von nirgends anders kenne. Es ist eigentlich nur ein Eck, in das Vormittags die Sonne scheint, nicht ganz zufällig steht dort die Couch, und das eigene daran ist, dass es warm ist, auch wenn es kalt ist. Da lässt sich wunderbar bei offenem Fenster in T-Shirt und kurzen Hosen frühstücken, so, dass es einem ganz verwunderlich vorkommt, wenn man einen Blick aus dem Fenster wirft und unten Menschen mit Lederjacken und Mänteln eingemummelt herumlaufen sieht. Das geht, immer vorausgesetzt, die Sonne scheint, bis weit in den November hinein, und wenn die Wolken sich rechtzeitig verziehen, dann geht es Anfang Februar schon wieder. Und außer dem gemütserhellenden Effekt, den Sonne und Wärme auf mich nunmal immer haben, spart es auch Heizkosten. Vorausgesetzt, man macht das Fenster rechtzeitig zu, wenn die Feuerbällin sich um die Hausecke verabschiedet. Was ich, zugegeben, manchmal vergesse (oder vielleicht hege ich auch insgeheim die Hoffnung, dass sie eines Tages einfach stehenbleibt). Und dann wird’s ziemlich schnell ziemlich kalt im Zimmer, so kalt wie’s draußen eben auch ist.

Aber noch ist Sonnenzeit, und Gedanken hängen frei herum, und anstatt zu faulenzen bauen sie sich ihre eigenen Luftschlösser. Ich leide ja seit jeher unter einer Inversions-Befindlichkeit, oder vielleicht genieße ich sie eher. Ist das Leben schön und leicht, verfalle ich quasi automatisch in depressive Stimmungslagen, ein Zustand, der von wenig wohlmeinenden Mitmenschen gern als “ewige Unzufriedenheit” bezeichnet wird, was den Kern aber weit verfehlt. Ist die objektive Lage hingegen ernst mit Tendenz hoffnungslos, dreht sich mein innerer Zustand in zufriedene Zuversicht, als hätte jemand einen Knopf gedrückt. Getanzt hätte ich auf der Titanic wohl nicht (ich kann nämlich gar nicht tanzen), aber ich hätt’ mir vergnügt aus Cocktailgläsern ein Floß gebaut (ja, ich weiß dass Cocktailgläser nicht schwimmen). Was soll ich sagen, zurzeit geht’s mir hervorragend.

Seltsam auch, wie bestimmend sich diese Nanowrimo-Sache in den Vordergrund drängt. War ja eher als “auch Mal versuchen” gemeint, macht sich aber von selbst immer breiter. Den geistigen Zutritt zur Geschichte selber habe ich mir mittlerweile verboten; wäre sie gedanklich ausgearbeiteter als sie es jetzt ist, gäbe es keine Notwendigkeit mehr, sie auch noch aufzuschreiben. man kann aber immer so kleine, objektive Details recherchieren, die für sich vielleicht nicht so wichtig sind, aber fürs Ganze dann doch irgendwie. Und dann die Namen, verdammt, die Namen! Nach stundenlangem wälzen von Namenslisten und Baby-Benennungs-Seiten im Netz noch immer kein grünes Zweigerl. Drei Haupteigenschaften des Characters in Google’s “I feel Lucky” getippt, und als Ergebnis die Synopsis eines Films bekommen, in dem Rod Steiger die Hauptrolle spielt. “Rod”? Das ist doch kein Name für einen Helden. Und außerdem hab ich den Typen nie sonderlich gemocht. Es ist zum Verzweifeln. Und das ist erst der erste. Name.

Oh, die Sonnenzeit ist um. Zeit, das Fenster zu schließen und sich um den Rest des Samstags zu kümmern. Hmhm. Vielleicht fällt mir ja morgen ein Trick ein, um die Sonne da oben festzubinden.

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