26. Oktober 2022

Like a train on the tracks

Die Meisen (?) pfeifen es von den Brückenpfeilern: Auch diese Messe ist erledigt. Ich erstaunlicherweise nicht so, die neuen Schuhe gehen sich auch nach drei intensiven Messetagen wie Wölkchen, ein bisschen zu warm sind sie, aber die Füße merken gar nicht, dass sie drei Tage lang gefordert waren.

Ein ausgiebiges Frühstück, zu Hause ist ja Feiertag. Nach dem Wohlergehen des gestern kränklichen Kollegen erkundigt, der ist auch wieder fit, dann kann ich ja los. Um die Füße nicht zu unterfordern, mache ich das zu Fuß, eine halbe Stunde sagt Google Maps, und der Koffer rollt brav hinter mir her. In einem Schaufenster finde ich gefühlte Verwandtschaft.

Ein ganzes Stück entlang der langweiligen Stadteinnfahrtsperipherie, dann Fußgängerzone. Thalia und Swarowski nebeneinander, da fühlt man sich doch gleich zu Hause. Auch sonst gleichen sich die Geschäfte, nur der Gulli erzählt eindeutig davon, wo man sich befindet.

Na gut, leicht übertrieben. Die Springbrunnen springen, Christoph von Württemberg blickt trotz Taube am Hut würdevoll in die Gegend. Hinter mir ein Museum, vorne ein halbes Riesenrad, ein Rummel wird gerade aufgebaut.

Ein Stückchen weiter Richtung Bahnhof sitzt eine Frau auf einer Bank und schmettert inbrünstig „Jenseits von Eden“, tolle Stimme, nicht immer ganz tonsicher. Straßenmusikerin ist sie wohl nicht, neben ihr auf der Bank ein Rucksack, eine Einkaufstasche. Nichts, wo man Geld hinwerfen könnte. Die Stuttgarter sehen aber auch nicht aus, als wären sie dazu bereit.

Dazu nicht ein, nicht zwei, sondern drei Stände von den Zeugen Jehovas auf der dann doch nicht sonderlich langen Strecke. Der Hauptbahnhof eine Baustelle (Stuttgart 21, immer noch), den man weiträumig umlaufen muss, bis man zu den Geleisen kommt. Eine Stunde Zeit hätte ich noch bis zum angepeilten Zug, aber da kommt gerade ein ICE Richtung München, also nehme ich den. Gemütlich halbleer, erst arbeitsam, dann stricken.

In München noch etwas Proviant organisiert, der Zug nach Salzburg geht 40 Minuten später. In Salzburg wie üblich quer durch den Bahnhof hetzen, zum hoffnungslos überfüllten Railjet nach Wien. Ich gratuliere mir zur Sitzplatzreservierung, das mache ich sonst nie, weiß auch nicht, warum es mir heute in der Anfahrt plötzlich eingefallen ist. Der vorherige Zug ist ausgefallen, deshalb wäre dieser so voll, erzählt mein Tiroler gegenüber, das fast den ganzen restlichen Weg nach Wien über die juristischen Feinheiten von Grundstücks(ver)käufen telefoniert.

Wien ist noch da, meine Wohnung wartet brav, und ich stecke den Kopf für den restlichen Abend nicht in den Sand, sondern in mein Strickzeug.

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