21. Juni 2008

Liebe Grippefee,

gibt es eigentlich irgendeinen nachvollziehbaren Grund, warum du mich ausgerechnet zum ersten richtig schön warmen Wochenende des Sommers besuchst? Ich meine, da passt mein Zustand doch gar nicht hin. So eine rote Taschentuchnase macht sich viel besser, wenn draußen dunkle Wolken vorbeiziehen und ab und zu ihre Traurigkeit in flüssiger Form kundtun. Dann lässt sich gut auf der Couch liegen, die Teetasse fest in der einen, das Taschentuch in der anderen Hand, und traurige Filme von DVD anschauen, zu denen man sonst eh nie kommt. An solchen Tagen kann man sich, Rotz hin, Husten her, fast einreden, dass so eine Mini-Krankheit eine Art Kurzurlaub ist, schwitzend und schniefend halt, aber doch.

Dagegen heute? Die Sonne strahlt, als wollte sie mich auslachen. Die einen sind am Flugplatz, die anderen am See, und die, die keins von beidem sind, sitzen wenigstens in einem Straßencafe mit einem Espresso vor sich auf dem Tisch. Nur ich sitz hier drinnen, schütte abwechselnd Tee und Mineralwasser und Aspirin in mich hinein, wobei das an sich ganz egal ist, denn schmecken kann ich eh nichts.

Man könnte doch, so dachte ich schließlich, diesen nichtsnutzigen, fieberweichen Körper wenigstens irgendwo im Grünen in den Schatten legen, schließlich ist es doch egal, wo man rumliegt und sich regelmäßig schneuzt? Schon auf der Treppe fand ich es allerdings ein bisschen seltsam, dass die kleinen, fluffigen Wölkchen, die vor dem Fenster so verlockend aussahen, sich offenbar auch unter meinen Füßen befanden, und dass mein Kopf, wiewohl auf meinen Schultern festgewachsen, irgendwie doch im 4. Stock blieb. An der Haustür rastete ich und blinzelte in die Sonne, die jetzt gar nicht mehr freundlich lockend schien, sondern meine glänzenden Augen mit brutaler Helligkeit blendete. Kaum über die Straße, war ich durchnäßt, als käme ich frisch aus dem Bad. Der Asphalt irgendwie weich unter den Schuhen, das Licht tat meinen Augen weh, und langsam dämmerte mir, dass ein Ausflug vielleicht doch nicht die Idee des Tages war.

Ich schleppte mich noch bis zum Eck, um das nötigste einzukaufen (mehr Taschentücher und mehr Mineralwasser, Tee ist noch genug da) und kehrte dann, die Treppen aufwärts langsamer als die Oma von Gegenüber, reumütig auf meine Couch zurück. Und es ist nicht Mal jemand da, der mir sanft den Fieberschweiß von der Stirn tupft – die sind ja alle draußen. Am Flugplatz. Oder am See. Oder zumindest… na du weißt schon.

Also, liebe Grippefee, wir kennen uns ja lange genug. Ich find’s auch in Ordnung, dass du mich 2-3 Mal im Jahr besuchen kommst, das gehört auch zum Leben. Aber könntest du in Zukunft bitte etwas auf dein Timing achten? Der Sommer ist doch ohnehin viel zu kurz.

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