Kasachstan

6. Dezember 2002

Es ist Fasching in der Altwelt, und E will mir eine Verkleidung schenken. Sie hält sie hoch und schwenkt sie und hält dann einen Vortrag darüber, dass sie nicht immer alles verschenken kann. Ich wickle mich stattdessen in mein buntes Tuch und schminke meine Augen indisch, das geht auch. Ich begleite die Kinder auf ihrem Weg durchs Dorf, alle singen, wenn wir vorbeigehen. Nur bei M. steht niemand auf der Straße. Wenn die Jalousien oben sind, darf man läuten, wenn sie unten sind, nicht. Aber was bedeutet es, wenn eine Jalousie oben ist und die andere unten?

Ich lasse die Kinder alleine und gehe zum Bahnhof. Ich muss den Zug nach Kasachstan erwischen.  Warum ich denn nicht fliege, fragt mich eine alte Frau. Weil es ausgemacht war, dass ich mit dem Zug komme, antworte ich. Sie rückt vertraulich näher und erzählt mir, dass Olof Palme ermordet wurde, eine Schweinerei sei das. Der Beamte am Fahrkartenschalter sagt mir, dass der Zug eineinhalb Tage Verspätung haben wird und drückt mir als Entschädigung ein Packerl Gummibärlis in die Hand.

Ich sitze am Bahnsteig und warte. Ein Besoffener torkelt durch die Halle und singt die Internationale. Daraufhin wird der Bahnhof abgeriegelt und der Besoffene von 5 schwerbewaffneten Polizisten abtransportiert. Glauben Sie, dass es in Kasachstan besser ist? fragt mich die alte Frau besorgt. Keine Ahnung, sage ich. Dann taucht unser Zug auf, eine alte Dampflok vornedran.

Der Lokführer hüpft heraus und ruft die zukünftigen Passagiere zusammen. Der Heizer ist verschwunden, sagt er, aber wir könnten trotzdem fahren, wenn wir alle abwechselnd Kohle schaufeln würden. Das ist ein Angebot. Ich übernehme freiwillig die erste Schicht, damit ich nachher ausschlafen kann.

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