Innsbruck, überraschend

Staatstragend

Nach einem längeren Termin in Imst brachte mich ein guter Geist nach Innsbruck, wo ich noch einmal übernachten wollte, um am nächsten Tag noch zwei Stories mit nach Hause zu nehmen. So oft kommt man ja als Wiener auch nicht in den wilden Westen, das muss man nutzen, wenn man schon da ist. Der gute Geist bestand höflichst darauf, mich mit dem Auto bis zum Hotel zu bringen, obwohl ich mehrfach betonte, dass der nächstgelegene Bahnhof durchaus genügen würde. Ich war zweierlei: ein bisschen froh, nicht durch den Regen laufen zu müssen, und das noch dazu bergauf; ein bisschen traurig, mir nicht die Kopfhörer ins Ohr pflopfen und endlich wieder zur einsamen Wölfin mutieren zu dürfen. Der gute Geist war, allen Anzeichen nach, ähnlich gespalten, zwischen dem Bedürfnis, selbst endlich heimzukommen, und der Gelegenheit, noch ein bisschen „off the record“ zu plaudern.

Innsbruck hat, wenn man von Westen her hineinfährt, einen ziemlich großen Flughafen, der international genug ist, um auch nachts beleuchtet zu sein. Innsbruck hat den Inn, der sommerabendlich trotz des Mistwetters fröhlich vor sich hin rauscht. Innsbruck hat historische Häuserzeilen, es hat auch Baustellen und Umleitungen, aber schließlich fand sich die Abzweigung, hinter der mein Hotel in einem stillen Sackgässchen geduldig auf meine Ankunft wartete.

Das Hotel, dieser kleine Exkurs muss erlaubt sein, hatte ich ganz gegen meine Gewohnheit nach einem einzigen Blick auf ein Foto gebucht. Normalerweise klicke ich mich bei Buchungen ein gutes halbes Stündchen lang von Möglichkeit zu Möglichkeit, vergleiche Ausstattung, Lage und Preis und entscheide mich schließlich für den besten Kompromiss aus diesen drei Eckdaten. Nicht so in diesem Fall. Ein Foto, und ich wusste: Da will ich wohnen. Der Preis war (sehr) leistbar, die Lage war… OK, die Ausstattung entsprach ehrlichen drei Sternen. Ich war vielleicht ein Haucherl nervös, als ich durch den Eingang trat, nicht zuletzt dank des traumtischen Erlebnisses der vorhergehenden Hotelwahl, aber der Anblick von Rezeption und Rezeptionistin beruhigte mich sofort: Es war ganz klar ein Weltenbummlerort, an dem Heimatlose unmittelbar zu Hause sein dürfen. Ich trug mein Gepäck ohne zu murren selber in den liftlosen dritten Stock, wo mich ein riesiges 3-Bett-Zimmer mit wunderbarer Aussicht über die Innsbrucker Altstadt für für die kaum erwähnenswerte Mühe entschädigte.

Ich legte Koffer und Businessklamotten ab und anschließend mich auf das zentralste der drei Betten. Eigentlich hatte ich noch ein bisschen das Innsbrucker Nachtleben erkunden wollen, doch die Zufriedenheit war groß. Ein kleines Bier aus dem Kühlschrank neben der Rezeption, und, zurück am Zimmer, ein Auge auf die Nachrichten und das andere aus dem Fenster, weit über das nächtliche Innsbruck. Danach die Zähne putzen und feststellen, dass bei offener Badezimmertür auch vom Klo aus ein endloser Weitblick entzückt. Der nachts zwar besonders romantisch war, aber erst morgens fotografierbar.

(Ganz so finster war das Wetter übrigens nicht, da ist der Instagram-Filter mit mir durchgegangen.) Ich überlegte kurz, dort zu bleiben für alle Zeit, aber mir wollte partout kein Lebensrahmen einfallen, in den das passte. Ein bisschen traurig darüber trabte ich zum Frühstück. Dann nichts wie ab in die Stadt, ich hatte mir das so ausgerechnet, dass ich mit einem Gepäckfach-Abstecher zum Bahnhof meinen ersten Termin gemütlich zu Fuß erreichen konnte.

Jenseits des Inns glänzte quasi sofort das Goldene Dachl, in der morgendlich befahrbaren Fußgängerzone sympathisch normal trotz seines Kultstataus. Zwei Busladungen asiatischer Touristen änderten das allerdings schlagartig. Dennoch – der Weg zum und vom Termin und ein abschließender Spaziergang durch die Stadt vor einem Termin ganz anderer Art gaben mir das Gefühl, dass diese Stadt ziemlich OK ist.

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