Im Traum jage ich ein fettes, böses Insekt und erlege es mit einem befriedigenden Klatsch, erwache damit, Sekunden bevor der Wecker klingelt. Der Wecker klingelt, weil ich ein Stündchen Zeit haben will, bevor meine Dachkammer zu heiß zum Denken wird.
Heute wird das schwer, schon kurz nach 8 hat es 30 Grad. Kalte Dusche, Kaffee, dann die wichtigste Korrespondenz. Ein Ersatzteil für den Kühlschrank bestellt, ein paar Mails beantwortet, 10 Uhr, 32 Grad. Höchste Zeit zu flüchten.
Rucksack durchzählen: Handtuch, Wasser, Buch, Handy. Sonnencreme, Geldtaschl, Schlüssel, Tabak. Alles da. 40 Minuten später ist mein Stammbaum erreicht. Hier tue ich, was man im Strandurlaub so tut: Rumliegen, lesen, schwimmen. Ein Schluck Wasser, ein Zigaretterl. Repeat. Langsam könnte der Eismann kommen. Der stellt einen vor schwierige Entscheidungen. Ein Jolly, ein Magnum, ein Cornetto? Ach, da kommt er ja. Ein Taco heute. Mmh, Schokolade, Waffel und Karamel.
Mein schwedischer Krimi verliert sich in Beziehungsbelanglosigkeiten, obwohl der Mörder noch frei herumläuft. Ich wechsle zum Falter und kann der aktuellen Politik auch nichts abgewinnen, viel zu ernst für leichte Tage. Zeit für eine Runde im Wasser, da werden auch die klebrigen Eisfinger wieder sauber.

Irgendwann rollt die Rettung vorbei. Später erzählt der Eismann, das sich zwei geprügelt haben, da unten bei der Brücke. Mit Messer. „Hitzekoller“ ist die einhellige Meinung. Vor ein paar Tagen, als ich in der Versorgungsschlange des nahegelegenen Lokals neben einem Sanitäter stand, smalltalkte ich: „Ihr habt’s auch ordentlich zu tun bei der Hitze“. Er stimmte zu: „Dabei könnte man sich 80 Prozent der Einsätze sparen, wenn die Leut nett so deppert wären.“ Die Deppertheit besteht aus Dingen, die eh jeder wissen sollte: Bier ist kein Wasserersatz, Joggen sollte bei 35 Grad nur, wer schon entsprechend trainiert ist, und ein übergangsloser Sprung ins kühle Nass ist nach drei Stunden in der prallen Sonne nicht die allerbeste Idee.
Wie kann man überhaupt in der prallen Sonne liegen? Mein Stammbaum beschattet mich verlässlich, erst am Abend ziehe ich mein Handtuch in die letzten Sonnenreste. Die Wespen werden langsam lästig. Sie verschwinden, wenn es Abend wird, und es kommen kaum Gelsen. Sogar den Insekten ist sichtlich zu heiß.
Ein Hüngerchen bringt mich dazu, das Handtuch einzurollen. Heute spaziere ich flussabwärts, bis zur Dammhütte. Unterwegs ein weiterer wunderbarer Sonnenuntergang, den mein Handy nicht so recht einfangen kann.

Immer noch ist es schwitzwarm, ich drehe noch ein Wasserründchen bei der Waluliso-Brücke. Oben dann Bier, Pommes und Radio Arabella. In meinem Sommerglück entwickle ich sogar Wohlwollen für die schlimmsten Hits der 80er.

In der Dunkelheit wandere ich wasserlängs zurück, kühle Flussluft auf sonnenwarmer Haut. Einmal muss ich noch ins kühle Nass, auch wenn das knapp wird mit dem letzten Bus. Müsste man halt zur Ubahn wandern, egal. Ich schwimme im Wasser, das jetzt fast spiegelglatt ist, weit und breit niemand mehr. Drehe mich auf den Rücken, eingehüllt im Wasser, das jetzt fast genau dieselbe Temperatur hat wie die Luft, und dann dieser Sternenhimmel. Immenses Glücksgefühl.
Der Bus geht sich gerade noch aus, auch der allerletzte ist voll mit sonnenmüden Gestalten. Das langsame Eintauchen in die Stadt fühlt sich an wie eine richtige Reise. Die Dachkammer zu Hause hat 33 Grad, die nicht weniger werden wollen. Zu heiß und zu spät für mein Sommerstrickdings, das wird dann wohl erst im Herbst fertig werden.

Schreibe einen Kommentar