„Frühmorgens“ um 10 in die Straßenbahn, denn der Tag beginnt mit dem (hoffentlich) letzten offiziellen Termin des Jahres, der ganz angenehm ist und sich auch nicht zu sehr in die Länge zieht. Dann glücklicherweise zu Mitfahrgelegenheit eingeladen, weil es doch einiges zu tragen gibt.
Etwas Arbeit (nur teils im Bild), ein paar tolle Bücher, Notizbuch (nicht im Bild), Kalender und ein feines Weinchen. Zu Hause sinniere ich darüber, wie seltsam es anderen vorkommen mag, dass mich ganz still innerlich der knallrote Kalender am meisten freut. Der hat aber auch ein angenehm zurückhaltendes Innenlayout, eine Seltenheit mittlerweile, wo man ansonsten auf jeder Tages-Seite mit Sinnsprüchen, Mindfulness-Ermahnungen und Optimierungs-Tipps beschossen wird.
Ich muss mich sehr bremsen, um nicht sofort auf den ebenfalls vorhandenen Monatsüberblicksseiten das nächste Jahr durchzuplanen. Stattdessen marschiere ich in Richtung alte Heimat, um die Biertanks für die Feiertage aufzufüllen. Einige Stimmen haben nach Fortsetzung der Tradition „Bier des Tages“ verlangt. Das hatte ich für die Feiertage ohnehin geplant. Beim Getränketandler also ein Döschen für jeden Tag bis zum 1.1. ausgesucht. Der Einkauf eine ausgewogene Mischung zwischen „der Geschmack interessiert mich“ und „egal was drin ist, diese Dose muss ich haben“.
Dann bereite ich mich bei einer kleinen Jause meditativ auf den üblicherweise kampfbetonten Einkauf für das besonders lange Wochenende vor, steige seufzend, aber entschlossen in Schuhe und Jacke und mache mich auf den Weg. Aber, Überraschung: Der Spar ist fast leer. Nur zwei Weihnachts-Familien, von denen eine mit zwei Einkaufswägen unterwegs ist, ansonsten vereinzelte Kleinigkeitseinkäufer. Ich bin verblüfft.
Als ich meine Beute nach Hause geschleppt habe, stelle ich anhand der liegengebliebenen Einkaufsliste fest, dass ich Kren und Klopapier vergessen habe. Die hole ich dann noch schnell vom Hofer, der viel näher liegt. Auch dort ist wenig los. Entweder sind alle schon vorher einkaufen gewesen, oder der große Einkaufskrieg bricht erst morgen aus. Egal, ich bin jedenfalls versorgt.
Nach insgesamt 11459 Schritten, teilweise schwer bepackt, habe ich mir das Bier des Tages redlich verdient, finde ich.
Das Bier des Tages
Ein „Transient Comfort Object“ schien dem Tag angemessen. Das DIPA von Verdant Brewing begrüßt in der Nase mit einem schönen, zitrigen Hopfen, der gleich das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Der erste Schluck dann erfrischend kleinprickelnde Kohlensäure mit dicht umeinander spielenden Hopfen-, Malz-, Ananas- und Zitrusaromen. Manchmal scheint beim Weiterkosten das Malz zu dominant, doch der im Abgang tannenbittere Hopfen eilt zu Hilfe und hält schön lange an. Ein erfreulicher Wiedereinstieg in die weite Welt der IPAs.
Zu trinken mit Blick auf endlos wogende Weizenfelder, in Kanada vielleicht, auf einem Bankerl vor dem heimeligen Blockhaus.
Danach Zeit zu sinnieren. Wie der Weg in Gegenden, in denen man lange nicht mehr war, die Erinnerungen fröhliche Urständ feiern lässt. Wie die „Tage zwischen den Jahren“, die ich als nicht-Weihnachtsfeierin üblicherweise dennoch heilig arbeitsfrei halte, plötzlich überquellen vor lauter Dingen, die im Rest des Jahres keinen Platz hatten. Wie ich mir dennoch, teils mit Begeisterung, noch mehr Arbeit in das nächste Jahr gepackt habe. Ob ich jemals noch Zeit für meine eigenen Projekte finden werde. Wann ich denn unter diesen Umständen überhaupt mein heimeliges Heim-Kino nutzen werde.
Oh! Heute auf jeden Fall einmal. Die Decke aus dem Woll-Adventskalender will fertigwerden.