Just my luck, dass ich mir reichlich Arbeit und Termine gerade auf die eine und wahrscheinlich einzige Sommerwoche des Jahres gelegt habe, die diesen Namen verdient. Natürlich ist auch ein heißer Tag vor dem Computer besser als kein heißer Tag, aber noch besser wäre natürlich Flanieren. Spazieren. Baden. Verdammt, warum bin ich eigentlich so pflichtbewusst?
Immerhin erlaubte mir der lädierte Herr Sufi nach einigem guten Zureden, seine schwindenden Vorräte aufzufüllen. Ein paar Wochen hätte er zwar noch locker überlebt, ohne das Haus zu verlassen, meinte er, aber ein frisches Brot und ein paar Äpfel – das hätte schon was.
Ich konnte also im vollen Bewusstsein meiner wichtigen Mission den Schreibtisch verlassen und in die wunderbare Sommersonnenluft treten. Ich weiß, dass mich da kaum einer versteht, aber in eine sengende Sonne zu schauen und bei über 30 Grad im Schatten durch die Stadt zu mäandern, das gehört zu den wunderbarsten Dingen, die ich kenne. Auch wenn ein Einkauf für den Herrn Sufi nicht unbedingt der einfachste ist – der schreibt nämlich nicht “Äpfel” auf den Einkaufszettel, sondern “Cox Orange aus Neuseeland”. Und nicht etwa “Brot”, sondern “1/2 Kärntner Brot vom Spar”. Und nicht etwa “Käse”, oder vielleicht “Ziegenkäse”, sondern… ach, ihr wisst schon, was ich meine. Aber diese wunderbare Hitze, die andere zum Anlass für bittere Beschwerden nehmen, versöhnt mich mit der komplizierten Expedition, denn immerhin bin ich… draußen. Und die herrschenden Temperaturen haben ja noch andere Vorteile. Zum Beispiel das grandiose Gefühl einer kalten Dusche, wenn man dann wieder heim kommt. Ein Körpergefühl, das ich von Jahr zu Jahr vergesse und neu entdecke, wenn es richtig warm wird.
Oder eben auch… Eis essen! Als bekennender Fan von Wasser-Eis (noch ein Grund für den Sufi, mir Fress-Banausentum vorzuwerfen) ist mein Sommer-Hit seit fast 40 Jahren ungeschlagen: Der Jolly, von Eskimo. – Natürlich, es gibt hervorragende Eissalons in Wien. Ich denk da nicht so sehr an den berühmten Tichy, dessen Produkte mir meistens zu süß und zu lieblich sind, aber: Bortolotti! Zanoni am Gürtel! Oder, wenn es etwas weniger bekannt aber dafür näher bei mir sein soll, auch der Giardino auf der Wiedener Hauptstraße, von dessen Fruchtgeschmäckern sich die großen Namen durchaus noch ein Pfirsich-Scheibchen abschneiden könnten.
Aber das alles ist Eis zum Genießen, gerne zu Hause, gerne zum Nachtisch. Nicht bei 55 Grad in der Sonne und unterwegs, wenn Durst und Hungergefühl zusammentreffen – da gibt’s eben nur einen, und das ist der Jolly. (wär ich nur halbwegs so geschäftstüchtig wie wortgewaltig, dann hätt’ ich mir zumindest einen Karton sponsorn lassen für diesen Eintrag – verdammt!). Kürzlich wollte ich bei einem kleinen Geschäft meiner sommerlichen Leidenschaft frönen, doch das Objekt der Begierde war ausverkauft. “Nehmen’s halt einen Twinnie”, empfahl der Banause an der Kassa. Ja Himmel, wie soll denn Birne und Orange jemals Ananas und Himbeer ersetzen können?
Es gibt natürlich auch nur einen Weg, den Jolly zu essen. Erst knabbert man vorsichtig die wunderbar kalte Fettschokolade ab, dann beißt und lutscht man sich durch die Ananas-Schicht, bis der Idealzustand erreicht ist. Der Idealzustand eines Jolly ist nämlich, wenn Ananas und Himbeer gleichzeitig in den Mund passen. Dummerweise ist dann die Halbwertszeit auch schon erreicht – ab da muss man nämlich schnell sein, damit der köstliche Rest nicht sinnlos auf den Boden tropft.
Anyway. Die kurze, aber inhaltlich anspruchsvolle Einkaufsliste des Herrn Sufi gab mir also Gelegenheit, die Hitzestadt und meinen Sommertags-Jolly ohne schlechtes Zeit-Gewissen zu genießen. Die Stadt gab sich nebstbei größte Mühe, mir zu gefallen – extra für mich führte man am Siebenbrunnenplatz halb-absurde Theaterstücke auf, extra trocken kommunizierte ein klassischer Wiener Strizzi-Typ im Kaffeehausgarten mit der schwitzenden Polizei. Na gut, vielleicht nicht extra für mich, aber es passte. Die Blumen dufteten aus der Blumenhandlung, die Schnitzel aus dem Gasthaus, und die Kids rauschten auf Skateboards und Fahrrädern vorbei. Im Grunde ein perfekter Sommertag.
Und doch… und doch nur fast.
Denn es ist halt doch schon fast Ende August. Und so ein Tag im Juni, der wär’ außer sich selbst auch noch ein Versprechen, dass noch ganz viele davon kommen. In diesem Sommer. In dieser Stadt. Aber so ein Tag Ende August, der birgt die Drohung, dass er der letzte ist – für lange Zeit.
Schnell weg mit dem Gedanken. Noch ist es warm. Die Fenster offen, Grillengezirp. Nebenan die Nachbarn streiten lallend über Familiengeschichten. Das ist der eine Punkt des Sommers, auf den ich auch verzichten könnt’. Vielleicht.
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