Gleich nach dem Aufstehen zählt mir mein halbintelligenter Wecker die Termine des Tages auf, allen voran einen Geburtstag, an dem es nichts zu feiern gibt, weil der zu Feiernde nicht mehr auf der Erde weilt. Wir hatten längst nicht mehr viel miteinander zu tun, schon seit Jahrzehnten nur ein paar Worte im Jahr, zu seinem Geburtstag, zu meinem, vielleicht noch zu Silvester. Auf seinem Facebook-Profil posten immer noch Menschen „Happy Birthday“, auch wenn da seit zwei Jahren schon die angepinnte Nachricht über seinen Tod steht. Die Geister im Kalender werden von Jahr zu Jahr mehr.
Vormittags stehen Aufräumarbeiten an. Es ist auch Zeit, das Leergut wegzubringen, in der wassersprudlerlosen Zeit haben sich zwei Einkaufstaschen leerer Mineralwasserflaschen angesammelt, und auch die Joghurtgläser, die ich lange für anderes gesammelt habe, sind mittlerweile zu zahlreich geworden. Weil die Taschen unhandlich und klapprig sind, nehme ich für 2 Stationen den Bus.
Im Bus sitzen fünf Nachwuchswiener auf einem Vierersitz und unterhalten sich mit viel „Brudah“, „Diggah“ und Testosteron. Bei der nächsten Station steigt weiter vorne ein einzelner Jugendlicher zu, lauter Rap am Fon, fläzt sich auf einen Sitz und legt die Füße auf den gegenüber. Einer der fünf plötzlich scharf und laut: „Brudah, benimm dich!“ – der neu Zugestiegene zuckt zusammen, hebt die Hand zum Gruß, nimmt die Füße runter, stellt die Musik am Handy aus und schaut leicht angesäuert aus dem Fenster. Stille bei den Fünfen, bis einer vorsichtig fragt: „Diggah, warum hört der auf dich?“ – „Wenn er nicht hört, sag ichs Mama. Ist mein echter Bruder.“ (Wieso ich die einzige im Bus war, die grinsen musste, versteh ich auch nicht.)
Im Briefkasten wartet Post aus der Tarotkarten-Tauschbörse. Dieser wunderbare „Fool“ eignet sich doch gleich als Mottokarte für den August.

Jetzt aber ab unter die Dusche und auf zu einem beruflichen Termin. Der Wetterbericht sagt, der Schirm muss mit. Ich hasse Schirme.


