kalte füße. ich habe nicht damit gerechnet, eine halbe stunde am bahnhof zu stehen. es nebelt. ich werde zu spät kommen. ich mag es nicht, wenn ich zu spät komme.
ich habe die warme winterjacke an und bin zu gleichen teilen froh, zumindest am oberkörper nicht zu frieren, und irritiert vom unbeweglichen michelin-männchen-gefühl, das sie auslöst. ich habe die warme winterjacke seit mindestens zwei jahren nicht gebraucht.
kalte füße, und die zug-abfahrtszeit zählt minute für minute hoch. rettungseinsatz, sagt die lautsprecherstimme. allen mitwarte-unkenrufen zum trotz ist nicht jeder rettungseinsatz einem suizid geschuldet, aber viele sind es doch. was sind schon meine kalten füße gegen einen rettungseinsatz, was immer dessen grund auch sein mag.
der rest des bahnhofs liegt im nebel, der eine oder andere zug fährt da oder dorthin. nur meiner fährt nicht. die warmen winterschuhe habe ich nicht an, weil sie auf der warmen veranstaltung, zu der ich jetzt deutlich zu spät kommen werde, unangenehm gewesen wären.
eine uralte loks zieht ein paar noch ältere waggons vorbei. ich muss an den besoffenen typen denken, der mir und einer freundin in einem schwedischen zug erzählte, er habe die waggons entworfen, in denen wir saßen, rostig und abwrackbereit sahen sie aus. es sei nicht seine schuld, erzählte er, er habe die waggons für den balkan entworfen, jugoslawien, türkei, für skandinavien seien sie nie geeignet gewesen. unsere zweifelnden mienen ignorierte er. man habe ihn entlassen, obwohl er laut und deutlich vor den problemen gewarnt habe, und seither sei sein leben kaputt. ob wir nicht ein paar kronen für ihn hätten?
ob wir ihm geld gegeben haben, erinnere ich nicht, auch nicht, ob er deutsch mit schwedischem akzent oder schwedisch mit deutschem akzent gesprochen hat. wie er aussah weiß ich auch nicht mehr, ein schwebender eindruck langer, fettiger haare vielleicht. aber diesen leeren bahnhof, an dem wir ausstiegen und meinem vater, der mit dem auto auf uns wartete, die wilde geschichte erzählten, erinnere ich. das skandinavische sommerlicht. den lauen wind durch die offenen autofenster.
(und vielleicht habe ich diese geschichte in diesem blog schon einmal erzählt, aber am laptop zu suchen ist mühsam)
kalte füße, und ich habe schon seit dem duschen einen fiesen ohrwurm. die kopfhörer sind im anderen rucksack. im ungeheizten unterstand telefoniert eine frau in einer weichen slawischen sprache, sie spricht langsam und überdeutlich, als würde sie mit einem kind reden. wir anderen frieren still vor uns hin.
kalte füße, und endlich der zug. nach norden. ab praterstern sehr leer. er bummelt dahin, mehr als ein rex sollte, und die füße werden langsam warm.

warme füße, und weil ich nicht die einzige bin, die von der zugstörung betroffen war, habe ich von der veranstaltung noch kaum was versäumt.
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