Nachdem mich in diesem Jahr unaufschiebbare Aufgaben daran gehindert haben, die drei Klagenfurttage live an den diversen Schirmen mitzuverfolgen, fällt auch die persönliche Berichterstattung etwas kürzer aus als sonst.
Immerhin habe ich es geschafft, alle Texte nachzulesen oder nachzuhören, und habe mir zu den meisten auch die Jurydiskussion angehört. Mein persönlicher Favorit war danach “Scherben schlucken” von Nadine Kegele. Ich fand ein bisschen schade, dass die Jury so gar nicht sehen wollte, was ich sah, nämlich die virtuos-zarte Art, eine schmerzhaft-grausame Geschichte konsequent zwischen den Zeilen zu erzählen. Ich fand es auch schade, dass ich mit den Texten erst zu spät fertig wurde, um noch für den Publikumspreis abzustimmen, aber Frau Kegele hat ihn auch ohne meine Stimme gekriegt. Gratulation!
Dass der Bachmann-Preis an Katja Petrowskaja (Vielleicht Esther) ging, fand ich dann doch etwas überraschend. Nicht, weil mir der Text nicht gefallen hätte, er hat mir gut gefallen. Gleichzeitig fand ich ihn aber etwas zu gefällig, zu glatt für das große dunkle Thema.
Als Preisträger erwartet hätte ich Benjamin Maack mit “Wie man einen Käfer richtig fängt” von Joachim Kaltenbach. Wäre ich Jury, ich würde den Text “ein virtuoses Saitenspiel auf den Nervenenden der Rezipienten” nennen. Maack hat dann immerhin den 3-Sat-Preis bekommen.
Überaus lesenswert fand ich auch “Wir sind schön” von Heinz Helle, mit Sätzen wie diesem: ”…und dann lehnt sie sich wieder zurück, und ich denke den Rest des Films, warum habe ich sie nicht geküsst, und als Bruce Willis sagt, an old man dies, a young woman lives, fair trade, und sich in den Kopf schießt, habe ich Lust, mir auch in den Kopf zu schießen und vorher etwas Cooles zu sagen.” Helle hat immerhin den Willner-Preis bekommen.
Und mit den tröstlichen Worten von Herrn Wrabetz – “Der Bachmann-Preis bleibt,” – gingen die literarischen Tage versöhnlicher zu Ende, als viele Fans befürchtet hatten. Der Jury-Vorsitzende Burkhard Spinnen nützte am Schluss die ausgelassene Stimmung, um in selbst-ironisierter Rührung endlich einmal seine Mama im Fernsehen zu grüßen.
Ich freu mich schon aufs nächste Jahr.