Der Schlaf

6. März 2001

Nachts um 4 verläßt mich der Schlaf. Ohne ein Wort der Erklärung ist er dahin, und ich warte eine Weile, ob er wieder kommt. Nichts. Kein Schlaf, keine Geschichten in meinem Kopf, keine Reality-Shows hinter den Vorhängen meiner geschlossenen Augen. Nichts.

Ich stehe auf und suche ihn, auf flimmernden Bildschirmen, ob er vielleicht draußen auf der Straße steht, überprüfe ich durchs Fenster: nichts; zwischen den Seiten eines Hochglanzmagazins hat er sich nicht versteckt und auch im Kühlschrank keine Spur von ihm.

Schliesslich aber steigt er gütig herab aus den Rauchkringeln einer Verzweiflungszigarette, und wir lächeln uns an und gehen gemeinsam zurück ins Bett.

Dann aber die Träume. Finde mich wieder im Haus meiner Großeltern, um meine kleine Tochter zu besuchen. Die ist zuerst ein Baby und während ich sie im Arm halte, wächst sie heran bis ins Schulalter, und ich denke, dass sie ihrem Vater zusehends ähnlicher wird, und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich durch die Welt reise und mich nicht um sie kümmere, und mittlerweile ist eine Party im Haus, und jemand will meiner Tochter nichts Gutes, wofür ich ihn furchtbar verprügle, und davon befriedigt wache ich auf.

Und ich denke, dass die Traumtochter natürlich meine in den letzten Wochen vernachlässigten Projekte verkörpert, und bin froh dass sie trotzdem gewachsen ist.

Und dann schlafe ich noch einmal ein, und sie hat auf mich gewartet in der Schlaflandschaft, und jetzt reisen wir gemeinsam durch die Welt, von Bühne zu Flugplatz zu Bühne, und sie wird immer schöner. Und das Leben auch.

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