Bierdrittel statt Wein-Achteln

Als morgens der Mann mit dem Gurkerl-Einkauf kommt, bin ich gerade frisch dem Bett entstiegen. Ein Teil von mir fragt sich angesichts der umfangreichen Sackeln und Packeln, was ich mir denn bei dem Einkauf gedacht habe, ein anderer Teil weiß das aber eh genau: Ich hatte einen Gutschein zu verbraten, der mit Jahresende abgelaufen wäre. Und es war ja auch nicht nur Frischware, sondern viel Haltbares. Die Gemüselade ist dennoch sehr voll, beim Bestellen war ich im „Fitter, Happier„-Modus. Na schaumermal. Nach dem anstrengenden Wegräumen brauche ich jedenfalls erst einmal ein feierliches Spiegelei.

Es gilt, noch ein paar lose Enden zu verweben, online und offline, den gestern unterbrochenen Wohnungsputz zu Ende zu führen, und dann fällt mir gerade noch rechtzeitig auf, dass ich etwas Wichtiges doch zu bestellen vergessen habe: Klopapier. Mit nur einem zu kaufenden Stück kann ich mich beim Billa aber recht gut zwischen den Last-Minute-Einkaufswagenpanzern durchmogeln.

Danach bleibt endlich Zeit, den Schrittemodus wieder zu aktivieren. Um ehrlich zu sein, lässt sich die Sache etwas zäh an. Nicht wegen der Kondition, sondern wegen der letscherten Lethargie der Landschaft, die keine Fantasien hergibt: Für feierlich fröhlich ist es zu grau, für Apokalyptisches bei weitem nicht düster genug.

Der Pferdeschwanz einer Joggerin wippt fröhlich vorbei. eine leere Red-Bull-Dose klingelt über den Asphalt wie ein desillusioniertes Christkind. Im Wald dann ein Duft nach nassem Herbstlaub, dazwischen ein Hauch muffiger Apfelkeller. Ich nehme kleine Wege im Naturschutzgebiet, die ich noch nicht kenne, bergauf, bergab. Bergauf beschweren sich die Wadeln, bergab die Hinternmuskeln, aber beides nicht sehr. Die Ohren sind bald kalt, ich frage mich wieder einmal, warum ich meine sorgfältig gestrickten Hauberln nicht einfach aufsetze.

Der Vorteil gegenüber fotogeneren Tagen, denke ich, ist, dass ich im grauen grau einfach mein Tempo gehen kann und nicht alle naselang die Fotolinse in irgendeine Richtung halten muss. Aber fad bleibt es doch. Nach Als ich mit 9867 Schritten wieder vor meiner Haustür stehe, frage ich mich, ob es kindisch ist, jetzt nochmals den Block zu umranden. Aber > 10.000 müssen es einfach sein, finde ich.

Danach großer Hunger, die Erdäpfel sind vorgekocht, und ich werfe sie mit einer Augsburger in die Pfanne, die mir gestern zugelaufen ist. Im Gegensatz zu den Einkäufen hat die nämlich kein Datum aufgedruckt. Leider erst nach dem Aufessen an ein Foto gedacht. Mit Telefonaten, Chats und Kleinigkeiten ist es dann eh schon fast acht.

Das Bier des Tages

Das geplante Cherry Porter passte mir irgendwie nicht mehr zum Gefühl, es wird auf einen anderen Feiertag warten. Post Punk hingegen schien dem Abend angemessen, ganz im Sinne von Ian Curtis, der ja einmal gesagt haben soll: Punk is saying „Fuck you“, Post Punk is saying „I am Fucked“. Anyway:

Post Punk von Brewdog, wohl in zwinkernder Anlehnung an das hauseigene Punk IPA, ist ein Tropical IPA, das sich in der Nase exotisch fruchtig zeigt. Mango und etwas wie ein Hauch von Pfirsich mischen sich da, wenig bierig. Auf der Zunge dagegen sofort wuchtiger Hopfen, der an den Rändern ins hefige verschwimmt. Erst als sich das Bitter im Abgang festsetzt, zeigen sich Nachklänge der duftenden Exotik auf der Zunge, die sich zwar im Weiterkosten etwas mehr in den Vordergrund schieben, aber nicht zu sehr. So komponiert, darf es auch für mich gern Exotic sein. Auch die kräftige und an den Rändern schaumig-perlige Kohlensäure passt genau.

Zu trinken in einem abgefuckten Proberaum, unter einer 70er-Jahre Fototapete mit Palmen und Strand, während die wenig geübte Band versucht, sich zu einem gemeinsamen Sound zusammenzuraufen.


Bier-Übersicht

Beim Blättern in den bisherigen Bieren festgestellt, dass sich längst nicht alle verkosteten Biere auch in der Liste wiederfinden, auch nicht alle Beiträge mit dem entsprechenden Tag gekennzeichnet sind, es ist ein Jammer mit mir und meinem Chaos. Wieder ein Task für die „Zwischendenjahren“-ToDoList.

Nach weiteren Chats und Telefonaten will sich weder Strick- noch Schaulust für die aufgehobenen Serien einstellen, ich lasse stattdessen einen Agatha-Christie-Klassiker vor sich hin laufen und lese ein bisschen im Kreis herum. Fund- und Gedankensachen:

Bei meinen Wienerbergwanderungen komme ich immer wieder an zwei schnuckeligen Elektromopeds vorbei. Heute recherchiere ich weiter und finde im Netz das Volta T5. Ich hatte im Leben nie so recht das Bedürfnis nach einem eigenen Fahrzeug; bitte: ein Fahrrad ist ab und zu ganz praktisch, aber das kann man auch ausleihen. Aber bei diesem Ding steigt sofort eine experimentelle Weltreise vor meinem inneren Auge auf. Mit Solarmodul und genügend Platz für eine Campingausrüstung, langsamen 45 km/h und einer Reichweite von 54 (andere Quellen sagen 60) Kilometern könnten das ein paar interessante Jahre werden.

Armin Thurnher katalogisiert die Seuchen der Gegenwart.

Im New Yorker thematisiert Hua Hsu die Änderungen in Sachen Musikkonsum anhand einer Chronik von Sharing-Diensten, aber vor allem geht es um Spotify, und der Artikel trifft über weite Strecken meine Gedanken: „…the streamer’s algorithmic skill at giving us what we like may keep us from what we’ll love.

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