5. Juli 2018

Bachmannpreis 2018 (1)

Man sollte über Tomaten schreiben, dachte ich in der Pause, als ich schnell beim Spar ein Jauserl holte und über die Vielfalt an runden, ovalen, kleinen, großen, gelben und roten Tomaten blickte. Aber hat das nicht jemand schon mal? Achnein, das waren Erdbeeren.  Ich kaufte Limetten und Pfirsiche, von denen ich hoffte, dass…

Moment, ich wollte ja eigentlich über die Tage der deutschsprachigen Literatur schreiben. Die 42. übrigens. Da trifft es sich gut, dass Feridan Zaimoglu in seiner gestrigen, einleitenden Rede zur Literatur eine poetische und dennoch beinharte Antwort auf die aktuellen Fragen gab. tatsächlich fragte ich mich danach, ob es überhaupt noch Sinn hätte, weitere Autoren vorlesen zu lassen, aber alles andere wäre dann ja doch auch schade.

Der erste Tag begann – verschlafen. Ich war zu spät aufgestanden, um noch alles zu erledigen, was ich noch unbedingt erledigen wollte, bevor es um 10 wirklich losging. Und als Raphaela Edelbauer zu lesen begann, tanzten in meinem Kopf noch politische Diskussionen, Arbeitsanforderungen und andere literaturfremde Themen. „Das Loch“ schaffte es dann aber doch, mich halbwegs in den literarischen Aufnahmezustand zu versetzen. Die Verbindung von Geschichte und Ingenieurskunst zu einem hinterlandbraunen Text ließ sich durchaus anhören. Jury wie Twitteria verbissen sich in die vordergründige Metaphorik, sodass die hintergründige unerforscht blieb. (Oder vielleicht habe ich die letztere auch nur imaginiert.)

Bei Martina Clavadetschers „Schnittmuster“ denke ich eingangs „Bitte nicht“, aber der Text schafft (für mich) den Sprung aus dem Sterbezimmer und hinein in ein vielfältiges Perspektiven-Chaos, das erstaunlicherweise niemand dem Text anlastet. Die vife aber unbeholfene alte Frau, die getragenen Verwandten, die schnoddrigen Krematoriumsmitarbeiter. Die Diskussion dazu, nunja… mir scheint, die Jury diskutiert schon wieder mehr darüber, was sie lieber gelesen hätte, als über das, was sie gelesen hat. Insa Wilke nervt, aber das ist wohl ihr Job, nachdem alle anderen nervigen Juroren weg sind.

Stefan Lohse begibt sich mit „Lumumbaland“ auf gefährlichen Boden. Damit meine ich nicht die trostlose Vorstadt, sondern das Spielen mit Kolonialgeschichte, weil da Twitter erstmal darüber diskutiert, ob ein weißer aus Sicht eines Nicht-Weißen schreiben darf. Aber da er ja nur schwarz sein will, ist das dann wohl wieder in Ordnung. Ein durchaus sympathischer Kiffer-Text, aber auch nicht viel mehr (wenngleich einige da Homoerotik hineinlesen wollen, die ich so nicht finde, und selbst wenn, würde der Text davon auch nicht tiefer). Der erste Satz allerdings, der bleibt: „Hinter der Sahara hätte noch was kommen müssen“.

In der Pause pfeife ich auf vorgenommene Erledigungen und hole mir stattdessen eine Stärkung. Jetzt also ein Tonic aufgespritzt, mit etwas echter Limette. Das Getränk hätte nun sowohl geschmacklich als auch für die Qualität der literarischen Rezeption wirklich einen Schluck Gin verdient, aber da ich nach den Nachmittagslesungen wirklich, wirklich noch etwas arbeiten muss, bleibt der in der Flasche.

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