27. Tage der deutschsprachigen Literatur, Tag 1

26. Juni 2003

Oder, für uns ältere Semester: Der Bachmannpreis. Zwei Dinge weiß ich jetzt schon: Robert Schindel wird mir fehlen. Und die zusätzliche Stunde TV-Übertragung haut mir den ganzen Videoplan zusammen.

Fahrad ShowgiDie Große Entfernung

Lehrstück: Wie man einen wirklich schönen, spannenden Text ganz langsam zu Tode quält.

Norbert MüllerHuhn in der Suppe

Die Geschichte ist witzig, bösartig und verzwickt, aber sprachlich eher fade. Buzzword-Bingo: Rassismus, Holocaust, etc. etc.

Zwischenruf

Wie sehr mir Robert Schindel wirklich fehlt, erkenne ich daran, dass ich erleichtert aufseufze, als sich Frau Radisch zu Wort meldet. Obwohl sie natürlich wie üblich das Gegenteil meiner Meinung vertritt. Außerdem würde es die Diskussion deutlich verbessern, wenn Herr Haslinger plötzlich die Stimme verlöre.

Christina GriebelDer Schlafanzug

Sehr dicht, wenn auch etwas viel Psychotiefe. Trotzdem kommt mir der Text sehr nahe. Eigenhistorisch vielleicht etwas zu nahe. Aber das ist ja kein Fehler vom Text.

Zwischenruf

Was ich vorhin über Herrn Haslinger gesagt habe, nehme ich angesichts seines Exkurses über Literatur, Katholizismus und Wahnsinn mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.

Christine RinderknechtElf Uhr dreiunddreissig

Eigentlich schade, diese Kurzbiographien vor der Lesung zu zeigen. Jetzt werde ich nie erfahren, ob es wirklich die Sprache ist, die in diesem Beitrag 50er-Jahre atmet, oder nur der Nach-Eindruck vom Filmbeitrag. Der Inhalt ist übrigens ganz und gar nicht 50er-Jahre, nur die Sprache und, möglicherweise, das Setting, das mein inneres Auge unweigerlich auf eine Parkbank verlegt hat. Was aber, jetzt wirds jurorisch, nicht gegen den Text spricht. Der ist nämlich gut. Sympathisch, auch, wie sie sich von der Geschwindigkeit des eigenen Textes mitreißen läßt und sich beinah drin verhaspelt, dann, auch mit der Geschichte, wieder langsamer wird.

Katrin de VriesDie Lust am Walde

Au weh au weh. Das klingt nach Rosamunde Pilcher. Und ein bisschen nach Marion Zimmer Bradley. Die Geschichte ist abstrus genug, daraus ließe sich etwas machen. Aber diese Sprache. Die gehört ganz sicher nicht nach Klagenfurt. – Ich vermute, da wollte jemand von dem Kontrast zwischen historisierender Formulierung und surrealistischem Inhalt leben. Aber das ist (schon wieder Jurorensprech) gründlich misslungen.

Zwischenruf

Einigermaßen erstaunlich finde ich, dass ich es von mir selbst verwegen halte, ein Urteil wie das obige zu posten, ohne die Jurorendiskussion abzuwarten.

Susanne FischerZuckerwatte und Gesang

Typischer Extra-für-den- Bachmannpreis-Text, irgendwie. Ich hab nichts rechtes daran auszusetzen, aber Gefallen finde ich auch nicht daran.

Henning AhrensAusschnitt aus einem Romanmanuskript mit dem Arbeitstitel

„Commander Coeursledge“

Hart an Grenze oder, genaugenommen, jenseits der Grenzen. Streckenweise jenseits der Banalitätsgrenze, dann wieder hinter der Genialitätsgrenze. Jedenfalls mutig, mit so etwas nach Klagenfurt zu gehen.

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