#257

6. Juli 2003

(Heli-Sprung Allerheiligen)

Allerheiligen – Eurocopter 120/1500m – Solo
Öffnung: 0850 | Freifall: 12s

[Protrack-Daten wegen kaum vorhandenen Freifalls wahrscheinlich inkorrekt]

“Was hältst du von einem Helicoptersprung auf einer Airshow?” hat mich der (flying) Sufi mal gefragt. “Viel” war die Antwort. Danach wochenlang nichts. Vor ein paar Tagen schließlich die Außenlandegenehmigung im Eingangskorb. Oha. Da muss ich jetzt durch.

Also fahren wir, durch wechselndes Wetter, an Wolkentürmen wie auch Sonnenfeldern vorbei, zum außergewöhnlichen Flieger-Event in Allerheiligen.

Samstags bleibt der Puls ruhig. Der Helicopter von Heli Service steht zwar aufnahmebereit herum & fliegt schließlich auch einige Rundflüge, aber zum Springen… mein skeptischer Blick folgt den noch skeptischeren Blicken der erfahrenen Fürstenfelder Tandemmaster in den wolkendurchwachsenen Himmel. Zwar tun sich blaue Löcher auf, die durchaus reichen würden – aber der Wind, der ist unstet und verwirbelt sich am Taleingang, was auch den leichten und ultraleichten Flugzeugen recht interessante Landungen bereitet.

Sonntags aber ist alles besser. Zwei sehr nette Jungs aus Kärnten verstärken das Tandemmaster-Team, und schon geht’s los. Getreu meinem Motto “niemals in die erste Load” bitte ich um einen Platz in der zweiten. Die Bitte wird gewährt, und ich habe noch eine halbe Stunde Zeit, mir zu überlegen, wie ich jemals auf diese verrückte Idee kommen konnte.

Dann aber ist es soweit. Mit einem strahlenden Grinsen, das hoffentlich weniger verzweifelt wirkt als es ist, besteige ich tapfer nach dem Tandem den Heli.

Wir bleiben unter den Wolken, beschließen Pilot und Tandemmaster, und ich schiele nach oben und frage mich, was das wohl heißen mag. Die Tür bleibt offen, und keine 10 Pferde bringen mich vorerst dazu, meine Füße nach draußen auf die Kufen zu stellen, wie man mir als “sehr gemütlich” angeraten hat.

Schon bewegt er sich. Scheinbar völlig mühelos ein Stück gerade nach oben, dann ein Schwenk und leicht bergauf in 150 Metern quer übers Mürztal. Fluggefühl und Ausblick so umwerfend, dass ich das Fürchten sofort vergesse. Jetzt traut sich auch zumindest eins meiner Beine nach draußen, und ich genieße den Flug über die hübsche Obersteirische Hügellandschaft.

Als wir auf 800m, weiter steigend, wenden, hat mein Bein allerdings ziemlich zu frieren angefangen, und schnell kriecht die Kälte weiter hoch. Den Rest des Fluges bin ich ziemlich hin und hergerissen zwischen “ewig-weiter-schauen-wollen und “aussteigen-wollen-damit’s-wieder-warm-wird”. Geistig notiere ich den Kauf einer Thermo-Kombi vor eventuellen weiteren Hubschraubersprüngen.

Schon kommt das 3-Minuten-Zeichen vom Piloten. Ich versuche, irgendetwas an der Landschaft wiederzuerkennen, was mir nicht gelingt. Der Höhenmesser zeigt 1300m.

Soweit die Bewegungsfreiheit es zuläßt, versuche ich durch die Rundumfenster zu erschielen, was die offene Tür nicht offenbart, nämlich das Flugfeld. Das will sich aber nirgends zeigen. Da aber ist etwas anderes: Ein deutlich vernehmbares “Go!”.

Vor unter mir eine Fabrikshalle und eine unvertraute Ortschaft, frage ich vorsichtshalber beim vorne sitzenden Passagier nach: “War das ein Go?” – Der nickt bestätigend. Na dann. Ein “Go!” ist eben ein “Go!”, und Wiesen gibt es reichlich.

Weich schiebe ich mich hinaus, bemüht, der noch am Boden erteilten Anweisung “Nicht abspringen und nicht abstoßen!” Folge zu leisten. Mein Körper dreht sich in Erwartung des relativen Winds, der natürlich nicht kommt. Trotzdem ist es nicht das Fallgefühl, das ich erwartet habe, sondern ein weiches und angenehmes Beschleunigen. Schon im Weggleiten habe ich schräg hinten das Flugfeld erspäht, also diesbezüglich keine Sorgen. Als die Anströmung für kontrollierte Bewegungen ausreicht, bleibt noch Zeit für einen gemütlichen Kreis bevor es Zeit ist zum Öffnen.

Mein extra sauber gepackter Schirm belohnt mich mit einer Bilderbuchöffnung, und in trauter Zweisamkeit drehen wir einen weiten Kreis über das Jahrmarktgewimmel und über die Flieger, Modelle wie echte. Kurz entschlossen entscheide ich mich für den langen Anflug entlang der Landebahn anstatt des kurzen Ecks, das von einer Stromleitung und einer Baumreihe begrenzt wird & in dessen Mitte 2 Helikopter stehen. Wäre sich zwar auch cool ausgegangen, hätte aber deutlich mehr Konzentration gekostet.

So aber bin ich in voller Sicht der Zuschauer und erlaufe mir die verdammt schnelle Nullwindlandung auf den Füßen, anstatt sie am Hintern reinzurutschen. Das ziept zwar im Oberschenkel, stärkt aber das Selbstbewusstsein. Von drüben Beifall, ich strahle, der Heli kommt auch schon wieder rein und alles ist ganz einfach großartig. Nur die Videokamera hat verweigert. Aber wer braucht schon ein Video…

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