Am Sonntagmorgen tut es mir fast ein bisschen leid, nicht mehr in die summende WettkampfatmosphĂ€re in den Handwerkszelten eintauchen zu können. Oder, wie ich am Vortag noch zu jemand gesagt hatte: „Gerade hab ich mich daran gewöhnt, anderen beim Arbeiten zuzuschauen…“. Stattdessen ist frĂŒhe PrĂ€zision angesagt, in so einem Appartment mit Terrasse bieten sich ja deutlich mehr Möglichkeiten, Essentielles zu vergessen, als in einem schlichten Hotelzimmer.
Der Bus, dessen ich mir nicht ganz sicher war (nur zwei von drei Online-FahrplĂ€nen meinten, er wĂŒrde fahren), kommt pĂŒnktlich und bringt mich zum Bahnhof Puntigam, von wo ich die StraĂenbahn zum Bahnhof nehme, weil die S-Bahn gerade weg ist. Angenehme Sonntagvormittags-Sightseeing-Schaukelei; ab und zu steigen andere Euroskills-FahrgĂ€ste ein, erkennbar am Rucksack. Am Hauptbahnhof werfe ich das GepĂ€ck in ein SchlieĂfach und mache mich dann auf die Suche nach FrĂŒhstĂŒck. Am Bahnhof steht unverstĂ€ndliche Kunst herum.
Ich fahre zurĂŒck bis zum Hauptplatz, dann gehe ich die Sporgasse hoch. Beim Sorger sind alle FrĂŒhstĂŒcksplĂ€tze besetzt, oben am Karmeliterplatz feiert man den Tag des Sports. Die Idee von „Bausatzlokalen“ finde ich lustig, und so baue ich mir einen Toast mit ein bisschen scharf und viel KĂ€se. Die regionale Fauna wĂŒrde gerne mitessen.
Auf der Gasse laufen derweil ein paar Euroskills-Teams vorbei. Ein kleiner Verdauungsspaziergang noch; dann wĂ€r es eigentlich eh schon Zeit fĂŒr den ersten Tagesordnungspunkt, den Ăsterreich-Empfang. Unterwegs brave WĂ€hlerInnen auf dem Weg zur und von der Urne. Ein paar Sorgen mache ich mir schon um diese ansonsten sympathische Stadt, wenn solche Plakate herumhĂ€ngen.
Aber zurĂŒck zur Arbeit. Brav nehme ich die StraĂenbahn zur Stadthalle, doch vor der finsteren Fassade ĂŒberlege ich es mir anders. Von diesem Termin wird es ohnehin offizielle Fotos geben, und die Ergebnisse kommen erst spĂ€ter. Stattdessen gönne ich mir einen Stadtspaziergang mit Pause im Park.
Vielleicht bezeichnend fĂŒr mich, dass ich meine Lieblingsjacke beim Rasten auf der Parkbank vergesse, vielleicht bezeichnend fĂŒr Graz, dass ich sie nach einer guten Stunde im CafĂ© unberĂŒhrt am Ablageort wiederfinde. Anyway. Nur nicht in Reminiszenzen versinken. Denn schon wird es Zeit, sich zum groĂen Finale zu begeben.
Ich bin ja im Allgemeinen nicht so begeistert von Fahnenschwinger-Events, aber wenn viele verschiedene Fahnen friedlich nebeneinander geschwungen werden, geht’s eigentlich.
Und dann endlich die Ergebnisse: „Unsere“ Jungs haben wirklich GroĂartiges geleistet.
Lustig zudem, eine Freudin aus ganz anderen Zeiten wieder zu treffen – nach 20 Jahren ohne Kontakt, ganz zufĂ€llig, am Nebensessel des Events. Leider ein bisschen laut zum Tratschen… aber ein bisschen was geht immer.
WĂ€hrend der Showeinlagen bleibt auch genug Zeit, den anderen Tagesevents nachzuspĂŒren. Die Deutschlandwahl sieht OK aus, die Oberösterreich-Wahl mehr zum KopfschĂŒtteln, aber Graz birgt den gröĂten Ăberraschungsfaktor.
WĂ€re ich danach ein bisschen schneller zur StraĂenbahn gelaufen, um den frĂŒheren Zug zu erwischen, hĂ€tte ich es vielleicht sogar vor Mitternacht nach Hause geschafft – aber der Tag war halt nicht zum Laufen, der war mehr zum GenieĂen.