Wie steht eigentlich der Mond?

5. April 2005

I.
Als armer, mittelloser junger Mann durch eine Slum-Stadt gezogen, staubig, Sonne, Matratze zwischen Mülltonnen, Suppe auf einer kahlen Terrasse an der Hauptstraße. Stimme aus dem off erklärt, dass der junge Mann Probleme mit seinem verkrüppelten Bein hat, auch weil er beim Pinkeln nicht richtig stehen kann, und daher aus dem Heim geflogen ist, in dem sein Vater noch wohnt. Ortswechsel, eine düstere Bar, die Bedienung stellt zwei Bier vor ihn und den Vater, er zahlt mit erbetteltem Kleingeld, das die Bedienung indigniert in ihrem Ausschnitt verschwinden lässt. Der Vater sagt, er hat genug von allem, wird jetzt nach Spanien gehen, aber – wie die Stimme aus dem off erklärt – dort wird er nie ankommen. Sie trinken auf eine bessere Zukunft und umarmen sich. Draußen in der grellen Sonne steigt der Vater auf einen Lastwagen, winkt im Gegenlicht.

II.
In einer riesigen, gegen die Sonne dunkel gehaltenen Hacienda langsam vor mich hin gelangweilt, bis die Tochter einer der Besucherinnen auftaucht, Studentenalter, leicht beschwipst, und erklärt, sie habe nicht die geringste Lust, das Wochenende hier zu verbringen, sie fährt stattdessen mit ihrem neuen Freund in einen Aqua-Vergnügungspark. Während ich immer noch in den altmodisch eingerichteten Luxuszimmern herumstreiche und mir mit einem Fächer schwach Luft zufächle, sehe ich ihr gleichzeitig bei dem Auflug zu, als würde ein Bildschirm mit mir herumschweben. Sie spielen Spiele in einer riesigen Wasserladschaft, ein Weltraum-Simulator unter Wasser, sehr lustig, sehr wettbewerbsorientiert. Dann, in der Pension, schüttelt sie mit einer ihrer Freundinnen eine Kartoffelpürree-Packung und stellt fest, dass irgendjemand offenbar die Perle herausgeklaut hat, die als Gimmick dabei sein sollte. Um sicherzugehen, schütten sie die Flocken in den (amerikanischen) Ausguss. Nicht, sage ich, das verstopft doch, das Zeug ist wie Klebstoff! – aber natürlich kann mich keiner hören, und das Ding verstopft wirklich. Die Freundin hat eine Verabredung und geht, während sie versucht, den Abfluss freizukriegen. Irgendwas in dem Mechanismus springt an, gleich wird etwas passieren, ich kann nicht hinschauen, höre nur den Schmerzensschrei; dann ist nichts mehr zu sehen, nur leichtes stöhnen aus dem off, sie ist ganz allein, und ihr Freund, der sie eigentlich abholen wollte, geht mit den anderen in die Kneipe und meint, sie wird schon nachkommen.

III.
Mit Familie und Freunden zum Picknick im Meer verabredet, das ist der neueste Schrei, man sitzt so, dass die Wellen gerade mal die Hüfte umspülen, und isst von schwimmenden Tabletts. Zum feinen Menü pflückt man sich Wasserpflanzen und schlürft die Miniwürmer heraus, die darin wohnen. Ich will aber keine Miniwürmer schlürfen. Einer, der mich beeindrucken will, schlürft einen Wurm nach dem anderen aus den Pflanzen und will mir unbedingt auch welche aufdrängen. Erst gegen Ende des Festmahls erklärt ihm jemand, dass die Sache mit den Würmern eigentlich nur ein Witz war.

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