Schleichende Arbeitsverweigerung

6. Mai 2020

Vor etlichen Wochen, es war kurz nach Beginn der Ausgangsbeschränkungen, hatte ich Lust, wieder einmal eine Stadt zu bauen. Ich startete also das Spiel, plante das erste Stadtviertel und sah zufrieden zu, wie die Cims  nach und nach einzogen. Das werdende Städtchen blühte, und bald erreichte ich den Punkt, an dem es möglich ist, Buslinien zu planen. Ich plante also die erste und freute mich darauf, im ersten Bus eine Runde durch die Stadt zu drehen, doch plötzlich wurde es finster. Ganz finster. Und still. Der PC hatte sich übergangslos einfach komplett abgeschaltet.

Ein Stromausfall war es nicht, das Lämpchen am Modem leuchtete noch. Getreu dem Motto „einmal ist keinmal“ schaltete ich den PC wieder ein und bearbeitete zuerst eine Aufgabe, die gerade per Mail heringetrudelt war – problemlos – dann wandte ich mich wieder meiner Stadt zu. Diesmal wurde es schon nach 10 Minuten finster. „Doppelmist“, dachte ich. „Wahrscheinlich das Netzteil“, dachte ich. Ich warf einen Blick in die Ecke, in der ein halb zerlegter PC stand, mit einem Austausch der Komponenten würde ich der Sache wohl schnell auf die Spur kommen. Aber es war spät, und ich verschob die Problembehandlung auf den nächsten Tag.

Morgens war das Emailpostfach voller Anforderungen, und der PC tat den ganzen Tag brav seinen Dienst. Ich hatte gar nicht die Zeit, ans Spielen zu denken, und arbeiten ging ja, also ließ ich das Problem Problem sein. Ein paar arbeitsame Tage vergingen ohne Computer-Auffälligkeiten, dann aber wurde es plötzlich auch beim Arbeiten finster. Nun wurde es also wirklich Zeit, die Sache anzugehen. Ich holte den alten PC aus seiner Ecke, entstaubte ihn, und fand keinen Schraubenzieher. Schaute mir die Logfiles des aktuellen an, nichts Hilfreiches. Ließ einen Virenscan im ganzgenau-Modus drüberlaufen, nach, dem Motto: „Ist zwar unwahrscheinlich, aber wenn, dann spare ich mir die Suche nach dem Schraubenzieher“.  Der Virenscan fand nichts. Der Systematik halber versuchte ich es mit Hardwaretestprogrammen, die RAM, Datenträger und Prozessortemperatur prüften. Auch die fanden nichts Auffälliges.

Ich dagegen fand nach längerem Suchen doch den Schraubenzieher. Prüfte erstmal, ob innen alle Kabel festsaßen, und entstaubte alle Lüfter. Keine Veränderung. Tauschte das Netzteil gegen das alte. Keine Veränderung. Tauschte das RAM. Keine Veränderung. Tauschte nach einem konspirativen Treffen die Grafikkarte. Keine Veränderung. Schraubte nach einem Tipp den Lüfter vom Prozessor, um die innige Verbindung durch Neuauftragen von Wärmeleitpaste zu gewährleisten. Keine Veränderung.

Nun blieb nur noch das Motherboard selbst. Da hatte ich nichts zum Tauschen, also Zeit für ein kleines Upgrade. Und wenn das Motherboard, dann doch bitte auch den Prozessor… Die unvorhersehbaren, aber in der Häufigkeit zunehmenden Abstürze machten die Recherche etwas mühsam (daran, dass der Laptop eh auch recherchebereit am Couchtisch steht, dachte ich erst abends im Bett), aber schließlich hatte ich mich entschlossen. Nur um bei der Bestellung zu erfahren: Lieferzeit coronakrisenbedingt 5-7 Wochen.

Schmollend zog ich mich mit dem Laptop auf die Couch zur Arbeit zurück, ohne bestellt zu haben. Es vergingen einige desktoplose Tage, bis ich eine Datei brauchte, die es noch nicht in die Cloud geschafft hatte. Ich fuhr das Problemkind hoch, schubste die Datei in die Cloud, wurde von einem Telefonat abgelenkt, schrieb am Laptop den Artikel fertig, ging einkaufen, kochte mir was, und stellte beim Essen erstaunt fest, dass der Desktop noch immer an war. Mutig startete ich das Stadtbauspiel – und tauchte erst gegen 2 Uhr früh cimtrunken daraus auf.

Seltsam, dachte ich. Nunja, vielleicht war es doch ein übersehenes Kabel, das sich bei den Hin- und Herbauarbeiten wieder festgeschüttelt hatte. Der PC tat wieder problemlos seinen Dienst. wochenlang. Bis gestern. Da wurde es, mitten in einer mühsamen Photoshop-Bastelung, wieder finster. Ich seufzte, und fuhr wieder hoch. Während ich noch mein Passwort eintippte, wurde es wieder finster.

Die Recherche am Laptop ergab, dass das Wunschmotherboard noch immer 5-7 Wochen Lieferzeit hat. Schätze, es wird Zeit, mir Alternativen zu überlegen.

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