Hintertür

8. Januar 2001

Man sollte Städte immer wieder einmal durch die Hintertür betreten. Nachts. Diese leeren Fabrikshöfe im zögerlichen Neonlicht. Die Lastwagenzüge, abgestellt um be- oder entladen zu werden. Bahnanlagen, Bahnhöfe, dunkel, verlassen. Unterführungen und Autobahnbrücken. Dazwischen karge, ungepflegte Grünflächen. Später dunkle Häuser, kleine Geschäfte, die sich nahezu verstecken vor der Welt. Hier leuchtet nichts. Hier protzt nichts. Hier herrscht die Romantik der Illusionslosen. So liebe ich die Stadt.

Aus dem schmucken südwienerischen Mauer kommend, sitze ich in einem Bus. Der Bus ist leer bis auf mich und den Fahrer. In den nassen Strassen spiegelt sich die Strassenbeleuchtung, während die Regentropfen an den Fenstern herunterrinnen. Anstatt in die U-Bahn umzusteigen, bleibe ich sitzen und fahre mit Erstaunen durch die Fremdheit meiner altbekannten Stadt. Wäre es nicht so spät und nicht so kalt, würde ich aussteigen und auf eine jener Entdeckungsreisen gehen, die mir so lieb waren, als ich noch frei mit meiner Zeit umgehen konnte.

Wo keine Menschen sind, gibt es auch nichts zu fürchten.

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