Arbeitsurlaub

25. September 2021

Es ist halb neun Uhr abends, und ich sitze kurzärmlig auf der Terrasse. Irgendwo pfeift jemand „The Lion sleeps tonight“, von anderswo antwortet eine Singstimme, erstaunlich tonsicher. Ein Dackel (oder etwas ähnlich kleines) kläfft ein, zwei Mal. Dann erklingt das Original des Songs, es hört sich nach ordentlicher Subwoofer-Autoanlage an. Der Ausblick (fotografiert um 7):

Mein Händchen für seltsame Quartiere hat sich wieder einmal bestätigt, Terrasse und zugehörige Wohnung liegen in einem Mittelding aus Gated Community und Seestadt ohne Geschäfte. Copacabana Graz. Nicht unangenehm, aber fremdartig. Den Mini-Reserve-Christus habe ich an allen Tagen fotomäßig links liegen lassen, und seit ich das E-Rad leihen konnte, kann ich auch den ungewohnt unzuverlässigen öffentlichen Busverkehr mit lächelndem Wohlwollen vermeiden. Und durch die sympathische Pampa des Grazer Südrands zur Arbeit radeln.

Zwar ist diese Reise zu den Euroskills ganz anders als geplant, aber so ist sie auch sehr schön. Arbeitsaktive Tage, nach durchschnittlich 20000 täglichen Schritten (plus Radanfahrt) Abendurlaub auf der Terrasse. Bin recht dankbar, dass die angekündigten Abendveranstaltungen nach und nach im Nichts zerbröseln. Einmal kriege ich stattdessen erfreulichen Besuch.

Immer liegt der Flughafen vor der Nase, ein Airbus aus Antalya von links, eine DA-42 aus Wiener Neustadt von rechts. Muss wohl Windstille sein, sonst müssten alle in die gleiche Richtung landen. Auch drüben am Schwarzlsee, in den Pausen zwischen Foto- und Infoarbeit, schaue ich gerne in Richtung Flughafen. Falke am Hochschrauben, ASK im Landeanflug. Wenn gerade nichts fliegt, schaue ich auf die Enten. Die fliegen kaum, sind aber trotzdem nett anzusehen.

Wer hätte gedacht, dass es Ende September noch 26, 27, ja einmal sogar 28 Grad erreicht? Und dass es auch abends warm bleibt? Mein Koffer ist für deutlich kühleres Wetter geplant, zum Glück liegt ein Bekleidungsgeschäft am (Rad-)Weg zur Veranstaltung. Zwei neue T-Shirts, hab ohnehin schon lange kein Gewand mehr gekauft.

So viele Menschen an einem Fleck fühlen sich immer noch seltsam an, nicht nur für mich, ich höre es von (fast) allen, mit denen ich dort rede. Alle Kontakte sind längst doppelt geimpft, alle gehen während der Veranstaltung trotzdem täglich zum Test. Ich auch, das Testen ist ja am Gelände möglich. Die durchziehenden Schulklassen sind ein Unsicherheitsfaktor, aber da lässt sich meist leicht der angeratene Abstand halten. Zwischendurch ein Blick in die Selfie-Linse. Von einer Frisur kann keine Rede sein, aber das Lächeln hält.

Extrem angenehm, auf dieser Veranstaltung auf zwei Berufe fokussieren zu dürfen. Alle 56 habe ich in den ganzen drei Tagen nicht zu sehen geschafft. Bei allem Wissen darum, wie groß das Ding sein würde: Vor Ort war es noch ein bisschen größer.

Aber zurück zur Abendruhe. Und gute Nacht.

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